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Der Krieg der Wärmepumpen
Andreas Koristka sieht eine neue militante Gruppe heranwachsen: die radikale Eigenheim-Szene
Bis vor Kurzem war zu befürchten, dass der nächste Bürgerkrieg zwischen Befürwortern der gendergerechten Sprache und bedingungslosen Fans des generischen Maskulinums ausgetragen werden würde. Doch jetzt verschärft sich ein gesellschaftlicher Konflikt, der eine viel tiefere Kluft in unsere Gesellschaft reißen wird. Die größte politische Frage der nächsten Jahre wird lauten: Wie hältst du’s mit der Wärmepumpe?
Andreas Koristka ist Redakteur der Satire-Zeitschrift Eulenspiegel. Für »nd.DieWoche« schreibt er alle zwei Wochen die Kolumne »Betreutes Lesen«. Alle Texte unter: dasnd.de/koristka
Schon rüsten sich die Eigenheimbewohner und bündeln ihre Kräfte. Man vernetzt sich über die Gartenzäune hinweg und errichtet Bollwerke aus Thuja-Hecken oder deponiert Steine als Wurfgeschosse in den Schottergärten, um sich gegen Angriffe zu schützen. Gerade noch haben sie mit Hilfe der FDP »Habecks Heiz-Hammer« wenigstens ein bisschen entschärfen können. In der radikalen Eigenheim-Szene benutzt man das Wort, das von der »Bild«-Zeitung geprägt wurde, nur ungern, weil man es noch als Euphemismus empfindet.
Eine Schlacht habe man zwar gewonnen, heißt es. Aber für die nächste Attacke wolle man gewappnet sein. Umbaupläne gehen von Hand zu Hand. Sie sollen dazu befähigen, Mähroboter zu Tötungsmaschinen umzufunktionieren und Laubbläser zu Handfeuerwaffen. Zudem sammelt man Mistforken für einen Tag X, an dem man nach Berlin marschieren, das Wärmepumpen-Establishment entführen und an den Weihnachtslichterketten im eigenen Vorgarten aufhängen möchte. Wenn es dazu kommt, werden sich entschlossene Wärmepumpen-Verteidiger den Eigenheim-Truppen entgegenstellen, indem sie sich auf die Straße kleben. Kurzum, es wird schrecklich.
Als normaler Mieter einer Wohnung, der kognitiv überhaupt nicht in der Lage ist, die Funktionsweise einer Heizung, geschweige denn einer Wärmepumpe zu verstehen, kann man die Wucht, mit der dieser Konflikt mitunter geführt wird, genauso wenig nachvollziehen wie die Betriebskostenabrechnung. Dennoch werden sich bald auch alle Mieterinnen und Mieter entscheiden müssen: Für wen möchte ich in dieser Sache kämpfen? Für welche der beiden Parteien bin ich gewillt, mein Leben zu lassen und in die ewigen Heizgründe einzugehen?
Diese Fragen sollte man nicht leichtfertig beantworten. Gibt es vielleicht noch irgendjemanden in der Verwandtschaft, von dem man ein kleines Häuschen auf dem Lande erben könnte? Hat man Kinder, in deren Erinnerung man als derjenige weiterleben möchte, der sich mit aller Kraft gegen den Klimawandel stellte, der dann aber doch nicht die Überflutung Norddeutschlands mit seiner neuen Heizung und dem frisch gekauften Tesla verhindern konnte?
Wer es noch nicht endgültig festgelegt hat, für den empfehlen sich Listen über Pro- und-Kontra-Argumente. Dafür lohnt es sich, die Sache auch mal aus einem etwas größeren Blickwinkel zu betrachten. Mag man diese Erde und das Leben auf ihr wirklich so sehr, dass man es bewahren möchte? Oder wäre es eigentlich gar nicht so schade um die hässlichen Innenstädte und die nervtötenden Menschen, die allüberall die Oberfläche unseres Planeten verschandeln?
Die Entscheidung mag ein jeder und eine jede individuell treffen. Jetzt wäre es nur noch wichtig, dass irgendjemand den Flüchtlingen auf dem Mittelmeer erzählt, welche schrecklichen Konflikte in dem Land toben, das viele von ihnen erreichen wollen. Wenn ihnen klar wird, dass sie vom Regen in die Traufe geraten könnten, dann drehen sie doch sofort um und schwimmen schnurstracks nach Afrika zurück.
Dort brauchen sie wenigstens keine Wärmepumpen. Wenn sie wüssten, wie gut sie es eigentlich haben.
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