Gringo-Glamping

Was viele Texaner nicht wissen: man kann in Texas auch ganz normal baden

  • Jana Talke
  • Lesedauer: 4 Min.

Howdy aus Texas, liebe Lesende, wie wäre es mit einem texanischen Strandurlaub? Außer Ihnen und mir fährt da eh keiner hin. Denn texanische Strände sind hier extrem unbeliebt, obwohl sie eigentlich alles haben, was wir in Europa lieben — Sonnenschein und Meer, aber auch keinen einzigen Zigarettenstummel wegen des strikten Rauchverbots und der Tatsache, dass hier Zigaretten komplett out sind; auch gibt es weder Müll noch Handtuchkämpfe, da an den einsamen Sandstränden massig Platz ist. Und doch gilt es als verpönt, in diesem ach so patriotischen Staat Strandurlaub zu machen. Viele geben auf Nachfrage als Grund an, texanische Strände seien hässlich (nicht wahr) oder provinziell (das schon). Floridas Küsten sind zugegebenermaßen schöner als die texanischen, aber provinziell ist der Staat, der Bücher verbieten lässt, mindestens genauso. Was ich an den texanischen Stränden allerdings schmerzlich vermisse, ist gutes Essen. Aber so etwas laut zu äußern käme der Ketzerei gleich.

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News aus Fernwest: Jana Talke lebt in Texas und schreibt über amerikanische und amerikanisierte Lebensart.

Wohin verreist man von hier aus sonst noch? Der Nachbar Mexiko ist des Amis Malle, von räudig bis gediegen ist dort alles möglich — Cancún ist für die Ballermann-Typen, Cabo für die Luxussüchtigen, die auf Mallorca nach Son Vida ziehen. Beliebt sind auch karibische Inseln und einige lateinamerikanische Länder. Der Strandurlaub selbst hat hier ein ganz anderes Konzept als bei uns. Da man durchschnittlich nur sieben (ja, sieben!) Urlaubstage jährlich bekommt, werden viele Auslandsreisen nur über lange Wochenenden gemacht. Dafür sind sie aber viermal so teuer wie bei uns und erfordern eine Vorbereitungszeit, die so lang ist wie der Urlaub selbst.

Was man zum Urlauben mitnehmen muss, wenn man aus dem Süden der USA stammt? Auf jeden Fall monogrammierte Strand- und Kulturtaschen und Badebekleidung im Partnerlook für die ganze Familie! Die Zeit am Strand ist den sonnenverwöhnten Südstaaten-Amis längst nicht so heilig wie uns, auch das Meer ist zweitrangig, da der Pool aus langer Gewohnheit King ist. Die Urlaubsbräune ist nicht notwendig, da sie entweder schon in der Heimat kultiviert oder kurz zuvor per Spraytan erworben wurde. Die Trinkgelder fließen wie in Deutschland die Steuergelder. Ich habe in Puerto Rico mal eine amerikanische Frau am Strand dabei beobachtet, die ganze fünf Dollar Trinkgeld für einen einzigen (leeren) Plastikbecher gab, den die Verkäuferin ohnehin bereithielt. Wenn Sie als Europäer in Lateinamerika oder auf den karibischen Inseln also dreckig behandelt werden, wissen Sie warum: Die Gringo-Großzügigkeit ist schuld!

Das Riesenland USA hat für Überarbeitete natürlich auch viel zu bieten, darunter Nationalparks und Seen. Aber nicht die texanischen, da bin ich ausnahmsweise mal wählerisch, denn diese künstlich angelegten, braunen Tümpel sind wirklich kein Monogramm-Merchandising wert, Rauchverbot hin oder her. Dafür gaben mein Mann und ich uns letztens dem »Glamping« in Texas hin. Das ist eine Wortschöpfung für »glamouröses Camping«, wobei man eigentlich auch nicht campt, sondern ein futuristisches Häuschen bezieht, das an ein Zelt erinnern soll, aber 20-mal größer ist; in der relativen Wildnis steht (also fünf Minuten vom Waffenladen entfernt), aber mit allem Luxus ausgestattet ist (nämlich mit Strom, Klimaanlage, ganzen zwei Toiletten und Duschen für zwei Personen, einer Küche und einem Jacuzzi). Alles war perfekt auf dieser Reise – bis auf das Essen. Die USA sind vielleicht das einzige Land der Welt, in dem das Essen auf dem Land ungesünder ist als in der Stadt. Statt frischer Eier im Rührei schmeckte man im dörflichen Diner nur das Palmfett heraus, der Kaffee war dermaßen verdünnt, dass man ihn in »Agua con caffè« hätte umbenennen müssen. Lektion gelernt: Beim nächsten US-Road-Trip koche ich selbst.

Apropos lecker: Reisen in den Alten Kontinent, sprich »European Summers«, sind gerade hoch im Kurs bei den US-Amerikanern. Das kann ich sehr gut nachvollziehen. Aber wenn sich nochmal einer bei mir über die vielen Zigarettenstummel oder den ganzen Müll an europäischen Stränden beschwert, dem sage ich: Versuch’s doch mal mit Texas!

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