nd.Genossenschaft funkt SOS

Die linke Tageszeitung steckt in ernsthaften Schwierigkeiten und braucht Unterstützung

  • Lesedauer: 4 Min.
Was das »nd« jetzt dringend braucht: Mehr Genossenschaftsmitglieder, mehr zahlende Leserinnen und Leser
Was das »nd« jetzt dringend braucht: Mehr Genossenschaftsmitglieder, mehr zahlende Leserinnen und Leser

Am Sonnabend sollte die nd.Genossenschaft, von der die Tageszeitung »nd.DerTag« und die Wochenendausgabe »nd.DieWoche« herausgegeben werden, Bilanz über ihr erstes Jahr ziehen – und wurde unmittelbar davor kalt erwischt. Denn bei den jüngsten Buchprüfungen in der vergangenen Woche für den Jahresabschluss 2022 stellte sich ein deutlich höheres Defizit als erwartet heraus: Nicht das erwartete Minus von etwa 300 000 Euro steht unterm Strich, sondern ein Verlust von mehr als 600 000 Euro. Das hat mit eigenen Fehlern zu tun – die Gründung einer Genossenschaft war für uns etwas Neues –, aber auch mit den enormen Preissteigerungen der letzten zwei Jahre auf fast allen Gebieten. »Wir analysieren in unserer Zeitung laufend die Inflation und ihre Ursachen. Das schützt uns aber leider nicht vor ihren Auswirkungen«, heißt es in einem Statement der nd-Belegschaft zu der bedrohlichen Lage.

Für die erst im Spätsommer 2021 gegründete und mit Jahresbeginn 2022 praktisch gestartete Genossenschaft ist das ein herber Rückschlag und eine ernsthafte Gefahr. Denn dadurch ist die Zahlungsfähigkeit im Verlauf des zweiten Halbjahres 2023 nicht gesichert. Zwar wurde eine ganze Reihe von Spar- und Sanierungsmaßnahmen eingeleitet und derzeit läuft eine Abo-Kampagne, aber, so nd-Geschäftsführer Rouzbeh Taheri, die meisten dieser Schritte wirken sich finanziell erst im nächsten Jahr aus.

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Das heißt: Die nd.Genossenschaft braucht schnell Unterstützung, um erst einmal sicher bis zum Jahresende zu kommen. Denn offensichtlich haben unsere bisherigen Anstrengungen in Redaktion und Verlag nicht genügt; auch nicht die Tatsache, dass deren Mitarbeiter deutlich unter Tarif bezahlt werden. Zwar sind, so teilten Taheri und Ines Wallrodt aus der nd-Chefredaktion mit, erste Überlegungen in der Belegschaft zu weiteren Sparmöglichkeiten sowie Umstrukturierungen bereits im Gange, aber das allein wird auf die Schnelle nicht reichen. Wolfgang Hübner aus der Redaktionsleitung erinnerte daran, dass das »nd« seit 1990 praktisch immer schwierige Zeiten erlebte und mehrfach – in existenziellen Krisen – auf die tatkräftige Hilfe von Lesern und Sympathisanten angewiesen war. Dabei habe sich immer wieder gezeigt, dass es sich lohnt zu kämpfen, »sonst wären wir heute gar nicht mehr hier. Wir haben eine Verantwortung vor der langen Geschichte der Zeitung, vor allem aber für ihre Zukunft.«

An einem solchen Punkt sind wir jetzt wieder. Bei der Genossenschaftsversammlung anwesende Mitglieder stellten kritische Fragen, bekräftigten aber auch ihre Bereitschaft zu helfen, damit die linke Zeitung »nd« weiter erscheinen und eine Rolle in der politischen und medialen Auseinandersetzung spielen kann. Was wir dringend brauchen, sind neue Abonnements vor allem für unsere Digitalausgabe, weitere Genossenschaftsmitglieder und weitere Anteile, die in die Genossenschaft eingezahlt werden, wie auch die nd-Belegschaft in ihrem Statement mitteilt. Wir werden in den nächsten Wochen in der Print- und Onlineausgabe sowie über unsere sozialen Kanäle fortlaufend über Möglichkeiten informieren, uns zu helfen, über Initiativen zu unserer Unterstützung und über die Ergebnisse unserer Bemühungen. Eine erste Bilanz werden wir auf der nächsten Generalversammlung der nd.Genossenschaft ziehen, die vermutlich für September einberufen wird.

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Erste erfreuliche Reaktionen gab es schon am Wochenende. »Unterstützt die Kolleginnen und Kollegen vom @ndaktuell, wenn ihr könnt«, twitterte etwa die Chefredakteurin des Magazins »Jacobin«, Ines Schwerdtner, denn: »Es braucht mehr linken Journalismus, nicht weniger.« Die Thüringer Linke-Abgeordnete Katharina König-Preuss schrieb: »Vielleicht macht ja noch jemand mit, ich hab grad ein Abo @ndaktuell abgeschlossen.« Der hessische Linke-Landesvorsitzende Jakob Migenda teilte auf Twitter mit: »Mein Inflationsausgleich aus der Tariferhöhung fließt in zwei Genossenschaftsanteile.« Und nd-Autorin Veronika Kracher schrieb: »Schließt doch ein Online-Abo ab!«  nd

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