Elf Tote nach Polizeischüssen

Statistik zum polizeilichen Schusswaffengebrauch 2022 in Deutschland

Der Tatort in Dortmund: Hier wurde Mohammed Lamine Dramé am 8. August 2022 von der Polizei regelrecht hingerichtet.
Der Tatort in Dortmund: Hier wurde Mohammed Lamine Dramé am 8. August 2022 von der Polizei regelrecht hingerichtet.

Berlin. Polizisten in Bund und Ländern haben im vergangenen Jahr elf Menschen erschossen und 30 weitere verletzt. Insgesamt hat die Polizei in Deutschland in 60 Fällen von der Schusswaffe gegen Menschen Gebrauch gemacht, meistens habe dies der Notwehr oder zur Verteidigung gegen eine »Leibes- und Lebensgefahr« gedient. In 14 Einsätzen seien die Polizeischüsse zur »Verhinderung von Verbrechen« oder von ähnlichen Vergehen erfolgt. Hinzu kommen 48 Warnschüsse, 94 als »unbeabsichtigte Schussauslösung« klassifizierte Fälle sowie sieben vollendete oder versuchte Suizide mit einer Polizeiwaffe.

Die Zahlen stammen aus einer Statistik der Hochschule der Polizei in Münster für das Jahr 2022. Die jährlich erstellten Berichte werden nicht veröffentlicht, aber auf Anfrage von Journalisten herausgegeben. Zuständig ist dafür die Innenministerkonferenz, die der Polizeihochschule 1984 den Auftrag für die Sammlung von Fällen des polizeilichen Schusswaffengebrauchs aus Bund und Ländern gegeben hat.

»Der Einsatz von Schusswaffen betrifft in besonderem Maße Menschen in einer psychischen Ausnahmesituation«, kritisiert der Rechtswissenschaftler und Kriminologe Tobias Singelnstein. Wo es möglich ist, sollten solche Situationen statisch gehalten werden und psychologische bzw. sozialpychiatrische Fachkräfte hinzugezogen werden, so Singelnstein zu »nd«.

»Es braucht für solche Einsatzlagen Unterstützung von Polizeipsychologen und eine gezielte Ausbildung sowie unabhängige Ermittlungen unter Einbeziehung der Hinterbliebenen«, erklärt Martina Renner, die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag. Auch die Sozialarbeit oder psychiatrische Dienste verwendeten jedoch oft polizeiliche und gefängnisähnliche Methoden, sagt dazu die polizeikritische Sozialwissenschaftlerin Vanessa Thompson auf Anfrage des »nd«.

Auch die deutsche Sektion von Amnesty International kritisiert den Gebrauch von Schusswaffen durch Polizeibeamte in Deutschland. »Besonders besorgniserregend ist, dass Polizeischüsse häufig gegenüber Menschen eingesetzt werden, die von Diskriminierungen betroffen sind, darunter Schwarze Menschen, People of Colour, wohnungslose Personen, Personen mit psychischen Beeinträchtigungen und Personen, die Drogen konsumieren.«

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -