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Vorwurf des Rassismus: Fridays for Future Bremen löst sich auf

Die bundesweiten Strukturen seien rassistisch und die Bewegung sei »am Ende«, erklärt die Gruppe

  • Louisa Theresa Braun
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Bremer Ortsgruppe von Fridays for Future hat sich aufgelöst und erhebt schwere Vorwürfe gegen die Bundesstrukturen der Klimagerechtigkeitsgruppe. Sie seien rassistisch, es mangele an Kapitalismuskritik und an Solidarität mit Palästina. »Gegenseitige Solidarität ist für uns ein Grundpfeiler des politischen Aktivismus, denn letztendlich muss der Kampf für Klimaschutz und Klimagerechtigkeit mit feministischen, queeren, antikapitalistischen, antirassistischen und antikolonialen Befreiungskämpfen zusammengeführt werden«, teilte die Ortsgruppe in dieser Woche in einem Statement mit.

Die Untergruppe BIPoC for Future, in der sich von Rassismus betroffene Aktivist*innen engagieren, berichtet von »rassistischem Mobbing, Beleidigungen, Machtmissbrauch« sowie Täter*innenschutz innerhalb der Bewegung. Viele Betroffene hätten Fridays for Future aus diesem Grunde verlassen. Die Bremer Aktivist*innen teilen diese Vorwürfe. Ihnen selbst sei immer wieder »Männerhass« vorgeworfen worden von anderen, »denen unsere feministische Ausrichtung nicht passte«, wie die Gruppe gegenüber »nd« erklärt.

Fridays for Future Deutschland »stellt die falschen Fragen und appelliert immer noch ziellos an die Politik, ohne das zerstörerische System an sich anprangern zu wollen«. Eine Infragestellung des Kapitalismus sei immer wieder verhindert, ein Unvereinbarkeitsbeschluss gegenüber der trotzkistischen Gruppe »Revolution« gefällt und deren Mitglieder von Fridays for Future ausgeschlossen worden.

Ähnliches gelte für den Nahostkonflikt. Die internationale Fridays-for-Future-Bewegung solidarisiere sich grundsätzlich mit Betroffenen von Kolonialismus und auch mit Palistinenser*innen. »Die deutsche Sektion weigerte sich jedoch nicht nur daran teilzunehmen, sie distanzierte sich sogar aktiv davon und das ohne jegliche Absprache mit den Ortsgruppen«, heißt es weiter.

Unter anderem seien Streiks und Großdemonstrationen unter eigenem Motto und mit anderen Themen organisiert worden als von internationaler Seite vorgegeben. In der »Jüdischen Allgemeinen« distanzierte sich eine Bundessprecherin Anfang des Jahres auch von Social-Media-Beiträgen der internationalen Bewegung, in denen dem jüdischen Staat »Neokolonialismus und Apartheid« vorgeworfen und der Aufruf »Yallah Intifada!« verbreitet worden war.

Dagegen habe die Bremer Gruppe beim Klimastreik im vergangenen September Palästinenser*innen über ihre Lage mit Bezug zur Klimakrise zu Wort kommen lassen. »Fridays for Future Deutschland konnte diese Solidarität leider nie akzeptieren, und zog das Ganze dadurch zu einem größeren Thema auf.« Ohne mit ihnen vorher direkt darüber geredet zu haben, sei die Bremer Gruppe öffentlich als »Problem« bezeichnet worden.

Zu den politischen Differenzen kämen strategische Fehler. Die große mediale Aufmerksamkeit und Unterstützung, die die Bewegung 2019 erfahren habe, sei nicht genutzt worden, um unmissverständliche Maßnahmen für mehr Klimaschutz erfolgreich einzufordern. Zu wenig, zu unkonkret seien die Minimalforderung des 1,5-Grad-Ziels und der Verweis auf wissenschaftliche Expertise. Nach der Coronakrise sei das Bündnis Fridays for Future »wohl schwächer als zu irgendeinem anderen Zeitpunkt seit seiner Gründung«. Die bereits genannten Probleme und Zerwürfnisse innerhalb der Bewegung trügen nur dazu bei.

Auch in Berlin wurde im vergangenen Jahr öffentlich ein Konflikt zwischen der Ortsgruppe und dem Linke-Politiker Ferat Koçak ausgetragen. Bei einer Demonstration sollte er eine Rede zum Thema Rassismus halten, wurde aber im letzten Moment wieder von der Bühne geholt, weil Aktivist*innen seine Haltung zur Nato kritisierten. Koçak sprach damals von Silencing und Rassismus.

Laut der Bremer Ortsgruppe seien alle Versuche, Fridays for Future zu reformieren, »gescheitert«, die Bewegung selbst sei »an ihrem Ende«. Daher hätten die in der Hansestadt Aktiven einstimmig beschlossen, nicht länger daran teilzuhaben. Sollten sich in Bremen neue Leute für eine Fridays-for-Future-Gruppe finden, werde man gerne übergeben. Die bisherige Kerngruppe bleibe in der Klimabewegung aktiv. »Einige von uns schließen sich vielleicht anderen Klimagruppen an, die aus ihrer Sicht besser und mit anderen Aktionsformen arbeiten«, heißt es. Fridays for Future Deutschland hat sich auf nd-Anfrage nicht zu dem Fall geäußert.

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