- Kommentare
- Kommentar
Sakrosankte Gewinne
Ulrike Henning über ein Arzneimittelliefergesetz ohne Biss
Arzneimittelengpässe können Patienten in arge Not bringen, noch einmal mehr Eltern, deren Kinder krank sind. Die Ursachen des punktuellen Mangels an bestimmten Wirkstoffen hierzulande sind vielfältig: weltweite Monopole bei der Herstellung, aus Kostengründen ins Ausland verlagerte Produktion, gerissene Lieferketten.
Das am Freitag vom Bundesrat abgesegnete Gesetz versucht ein paar Löcher zu stopfen. Aber es scheint jetzt schon sicher, dass die vorgesehenen Maßnahmen – darunter Vorratsauflagen für die Hersteller, aber auch das Aus für Rabatte, die Unternehmen den gesetzlichen Kassen bisher für Kinderarzneimittel gewähren mussten – neue Probleme in Zukunft nicht ausschließen. Der Eindruck entsteht, vielen etwas Erleichterung verschaffen zu wollen: Auch die Apotheken bekommen ein wenig mehr Spielraum, etwa beim Austausch nicht vorhandener Präparate durch wirkstoffgleiche. Zufrieden sind sie mit dem Gesetz aber durchaus nicht, weil sie für das teils sehr aufwendige »Lieferengpassmanagement« nur 50 Cent pro Packung erhalten.
Das Gesetz regelt auch die fortgesetzte Möglichkeit, sich unter bestimmten Bedingungen telefonisch krankschreiben zu lassen, Modellvorhaben der Bundesländer zum Drug-Checking, die Vergabe von schmerzlindernden Betäubungsmitteln durch Notfallsanitäter – und ja, das Gendern in Warntexten von Medikamentenwerbung. Also ein typisches Omnibus-Gesetz, in das am Ende noch alles Mögliche aufgenommen wurde.
Linkssein ist kompliziert. Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen. Jetzt abonnieren!
Wichtiger als diese Zugaben ist, was das Gesetz nicht regelt: Preise und Kosten von Arzneimitteln sind damit kein Stück transparenter. Preiszuschläge werden gesetzlich Versicherten aufgebürdet, aber die wichtigste Ursache für die Engpässe bleibt ungenannt. Gewinnstreben und exquisite Dividenden der Pharmaunternehmen gelten als sakrosankt. Diese Themen werden, wenig überraschend, erneut nicht angerührt.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.