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Wetterextreme: Italiens Regierung spricht von »Naturkatastrophen"

Statt über die Klimakrise redet die rechte italienische Regierung lieber über Europas »Klimadiktat«

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 3 Min.
Rom, 18. Juli: über 41 Grad Celsius
Rom, 18. Juli: über 41 Grad Celsius

Dieser Beitrag ist Teil des Schwerpunkts »Klimakrise und die politische Rechte«

Wenn man in eine Suchmaschine die italienischen Worte »Meloni« und »Clima« eingibt, erfährt man zuerst viel Wissenswertes über die besten klimatischen Bedingungen beim Anbau von Melonen. Das ist keine Provokation und auch keine Satire, es zeigt vielmehr, wie »wichtig« dieses Thema für die italienische Ministerpräsidentin und ihre Koalition ist: überhaupt nicht.

Die Worte »Klima« oder gar »Klimawandel« finden sich in der italienischen Regierungspolitik nicht wieder. Schon das Wahlprogramm, mit dem die neofaschistische Fratelli d’Italia bei den letzten Wahlen antrat, klammerte dieses Thema vollkommen aus. Das letzte Mal, dass Giorgia Meloni über Klimaschutz gesprochen hat, war am 7. November letzten Jahres auf der Klimakonferenz Cop 27 in Ägypten. Damals – sie war noch nicht im Amt – erklärte die spätere Regierungschefin Italiens, Rom werde »seinen Teil zum Kampf gegen den Klimawandel beitragen«. Wie man das tun wolle, sagte sie damals nicht und später erst recht nicht.

Vor wenigen Wochen sprach sie dann auf dem Parteitag ihrer heiß geliebten, rechtsextremen spanischen Schwesternpartei Vox. Dort erklärte sie, man werde sich dem europäischen Klimadiktat nicht beugen. Das war ihr höchst persönlicher Startschuss für die Wahlkampagne zu den Europawahlen im kommenden Jahr. Einige Kommentatoren merkten an, dass man nach dem Euro und den Migranten jetzt einen neuen propagandawirksamen Streitpunkt mit der EU gefunden habe. Auf einer Veranstaltung von »Assolombarda«, dem mächtigen Unternehmerverband der Industrieregion Lombardei, fasste sie ihr Credo folgendermaßen zusammen: »Wir können unsere Wirtschaft nicht abbauen, nur um dem ökologischen Wandel hinterherzulaufen«. Das erweckt den Anschein, als hoffe man, dass der Klimawandel verschwindet, wenn man ihn ignoriert und die Augen davor verschließt, dass »unsere Wirtschaft« auch heute schon enorm unter den veränderten klimatischen Bedingungen leidet.

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In den letzten Monaten erlebte man vor allem in Norditalien fast gleichzeitig zwei extreme Phänomene. Der größte italienische Fluss, der Po, trug so wenig Wasser wie noch nie. An einigen Stellen konnte man den Strom, der Italien praktisch von Westen nach Osten durchquert und Industrie und Landwirtschaft mit Wasser versorgt, bevor er in die Adria mündet, zu Fuß überqueren.

Und nicht nur das: Das Po-Delta, das historisch, wirtschaftlich und landschaftlich einen enormen Reichtum darstellt, »versalzt« immer stärker und wird immer unfruchtbarer. Außerdem sinkt der Grundwasserspiegel in der gesamten Region, wodurch die giftigen Substanzen, die sich dort angesammelt haben, immer höher konzentriert werden.

Nur wenige Monate später kam es gerade am Rande der Po-Ebene zu extrem starken Unwettern und Überschwemmungen, 15 Menschen starben. Viele kleine Fabriken wurden zerstört, auch die Landwirtschaft war stark betroffen. Erste vorsichtige Schätzungen sprechen von mehr als zehn Milliarden Euro direkte Verluste.

Die derzeitige Hitzewelle hat schon jetzt Schäden von über sechs Milliarden Euro verursacht. Das Gesundheitsministerium rief diese Woche für 23 größere Städte die höchste Alarmstufe aus. Besonders betroffen von den hohen Temperaturen waren die südlichen Regionen Apulien, Basilikata und Kalabrien sowie die zwei großen Mittelmeerinseln Sardinien und Sizilien. In Rom wurden 28 Gesundheitszentren geöffnet, um die Menschen mit Trinkwasser zu versorgen und ihnen Räume zur Abkühlung verfügbar zu machen. Landesweit seien am Dienstag etwa 20 Prozent mehr Notarzteinsätze verzeichnet worden, berichtete die italienische Zeitung »La Repubblica«. Doch die Regierung spricht angesichts der Hitzewelle weiter schlicht von »Naturkatastrophen«.

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