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- Gleichstellungskonferenz in Kigali
Gleichberechtigung: »Es liegt noch viel Arbeit vor uns«
Bei der Gleichstellungskonferenz in Kigali wird auf Geschlechtergerechtigkeit gepocht
»Frauen in Afrika sind die ersten Opfer des Klimawandels«, sagt Chouchou Losale. Sie seien in der Familie für Ernährung und Gesundheit zuständig. Daher seien sie in besonderer Weise von natürlichen Ressourcen abhängig, erklärt die Vizechefin der Koalition von Führungsfrauen für die Umwelt in der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa.
Losale begrüßt es daher, dass auf der 5. Konferenz von Women Deliver in Kigali, der Hauptstadt des Nachbarlandes Ruanda, unter anderem über den Zusammenhang von Klimawandel und Gleichberechtigung diskutiert wurde. Im Rahmen von Women Deliver kooperieren Aktivisten, Regierungen, Hilfsorganisationen, Stiftungen, die Vereinten Nationen und Unternehmen, um weltweit die Rechte von Frauen und Jugendlichen zu stärken.
Die Konferenz in der vergangenen Woche mit 6000 Teilnehmer*innen war die erste, die in einem Entwicklungsland stattfand. Zuvor wählten die Organisator*innen Industriestaaten wie Kanada, Dänemark, die USA und Großbritannien sowie das Schwellenland Malaysia als Austragungsorte. Das brachte ihnen die Kritik ein, Frauenrechte vor allem aus der Sicht des Globalen Nordens zu betrachten, obwohl Frauen im Globalen Süden besonders stark unter Ungleichheit und Klimawandel litten.
Aktivistin Losale erinnert zum Beispiel an die Zerstörung des Regenwaldes in ihrer Heimat. Die Demokratische Republik Kongo hat seit 2001 neun Prozent des Waldes aufgrund von Abholzung und Bränden verloren. 2022 büßte nach Angaben des World Resources Institute außer Brasilien kein Land mehr Wald ein als der Kongo. Das treffe Frauen bestimmter Ethnien wie die Pygmäinnen besonders hart, sagt Losale. »Der Wald ist für sie Supermarkt und Apotheke, sie suchen dort Nahrung und Medizin«, erklärt sie. Wenn der Wald zerstört werde, führe das zu Hunger, Krankheiten und Komplikationen bei Geburten. Ernteausfälle wegen Trockenheit oder Überschwemmungen verstärkten zudem die Armut mit der Konsequenz, dass Frauenrechte mehr missachtet würden als zuvor.
Losales Einschätzungen bestätigt Women Deliver in der Studie »The Link Between Climate Change and Sexual and Reproductive Health and Rights« (Der Zusammenhang zwischen Klimawandel und sexueller und reproduktiver Gesundheit und Rechten) von 2021. Sie schätzt, dass zum Beispiel in Malawi 1,5 Millionen Mädchen Gefahr laufen, minderjährig verheiratet zu werden, weil die Familien aufgrund extremer Wetterverhältnisse nicht mehr alle Kinder ernähren können und daher versuchen, die Mädchen außer Haus unterzubringen.
Die Studie prognostiziert außerdem, dass der Anstieg der Temperatur dazu führt, dass Männer fern von zu Hause auf die Suche nach Arbeit gehen müssen, und so die Prostitution angeheizt werde. Bis 2050 erwartet Women Deliver deshalb 11,6 Millionen bis 16 Millionen zusätzliche Fälle von Aids in 25 afrikanischen Ländern südlich der Sahara.
Auch die Aktivistin Chantal Salumu von der Organisation »Rien sans les Femmes« (nichts ohne die Frauen) in der ostkongolesischen Millionenstadt Goma berichtet von zunehmender sexueller Gewalt und Prostitution nach Naturkatastrophen. Im Mai wurde das Dorf Kalehe am Kivusee, 100 Kilometer südwestlich von Goma, nach ungewöhnlich heftigen Regenfällen überschwemmt, und die Hänge rund um das Dorf sind abgerutscht. 5000 Menschen kamen ums Leben. Felder und Vieh wurden weggespült, Fischer haben Boote und Netze verloren. Eine Zeit lang durfte ohnehin nicht gefischt werden, weil die Leichen von Menschen und Tieren das Wasser verseuchten.
Nun herrsche dort eine Wirtschaftskrise, erzählt Salumu. Die Frauen würden mit allen Mitteln versuchen, ihre Kinder zu ernähren. »Wenn ein Mann zehn Dollar oder etwas Mehl verspricht, prostituieren sich zahlreiche Frauen aus purer Verzweiflung, weil sie ihre Familie durchbringen müssen«, weiß Salumu.
Zum Abschluss der Konferenz in Kigali sagte Maliha Khan, Präsidentin von Women Deliver, dass »noch viel Arbeit vor uns liegt«. Sie empfahl den Frauen, sich weltweit zusammen zu tun und Netzwerke zu gründen. Sie sei auf der Konferenz von der Solidarität der Frauen beeindruckt gewesen.
Die kongolesischen Aktivistinnen Salumu und Losale haben allerdings auf der Konferenz im Nachbarland gefehlt. Losale findet es im Moment »schwierig«, nach Ruanda zu reisen. Denn das Regime des Nachbarlandes unterstützt nach Erkenntnissen der Vereinten Nationen (UN) die Miliz M23, die seit zwei Jahren Krieg in der ostkongolesischen Provinz Nord Kivu führt. Zwei Millionen Menschen haben ihr Zuhause verloren, die Fälle von sexueller Gewalt sind laut UN auf einen Höchststand geklettert.
Salumu wäre dagegen gerne bei den Workshops in Kigali dabei gewesen, in denen die Teilnehmerinnen über sexuelle Gewalt und gewaltsame Konflikte diskutierten. Aber sie konnte sich die Anfahrt und die Übernachtung nicht leisten.
Auch Salumu glaubt an die Solidarität unter Frauen. »Wenn wir Kongolesinnen und unsere Schwestern in Ruanda uns verständigen, wird es Frieden geben«, ist sie überzeugt. Aber trotz aller Konferenzen und Frauenbewegungen blieben die Männer bei politischen Verhandlungen unter sich. »Wir Frauen werden einfach nicht gehört«, klagt sie.
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