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  • Kartellklage wegen Holzvermarktung

Thüringen gewinnt ersten Forstprozess

Das Land darf weiter für kleine Waldbesitzer Holz vermarkten. Eine Revision der Kartellklage ist zulässig

  • Sebastian Haak
  • Lesedauer: 4 Min.
Holzernte im Thüringer Wald. Das Land darf weiter nicht nur sein eigenes Holz vermarkten. Doch der Kartellstreit ist nach der Entscheidung des Landgerichts Erfurt noch nicht abgeschlossen.
Holzernte im Thüringer Wald. Das Land darf weiter nicht nur sein eigenes Holz vermarkten. Doch der Kartellstreit ist nach der Entscheidung des Landgerichts Erfurt noch nicht abgeschlossen.

Nach einer Entscheidung des Landgerichts Erfurt muss der Freistaat Thüringen keinen Schadenersatz in Millionenhöhe an mehrere Sägewerke zahlen, die sich durch Geschäftspraktiken des Landesforstes aus der Vergangenheit benachteiligt sahen. Eine entsprechende Klage der Sägewerke – die durch einen internationalen Prozessfinanzierer organisiert worden war – wies das Landgericht Erfurt in einer am Freitag verkündeten Entscheidung ab.

Hintergrund des Rechtsstreits ist die Art und Weise, wie der Thüringer Forst jahrelang Holz vermarktet hatte: Der Landesforst verkaufte nicht nur Holz aus dem Staatswald, sondern war auch als Vermarkter für Privatwaldbesitzer und Kommunen tätig. Überall in Deutschland war das damals ein übliches Holz-Vermarktungsmodell. Für den Thüringer Fall sehen sich sechs Sägewerke durch diese Praxis benachteiligt. Sie argumentieren, der Forst habe so Holz zu überhöhten Preisen an sie verkauft. Der Prozessfinanzierer hatte die Klageforderung der Sägewerke aufgekauft und gegen den Forst beziehungsweise den Freistaat Thüringen, dem der Forst als halbstaatliches Unternehmen gehört, geklagt. Sie wollen nach Angaben des Gerichts etwa 30 Millionen Euro Schadenersatz vom Land haben.

Kläger ist nach Angaben des Landes eine eigens gegründete Ausgleichsgesellschaft des international tätigen börsennotierten Finanzkonzerns Burford Capital. Doch der Prozessfinanzierer sei aus Sicht des Gerichts gar nicht berechtigt, den geltend gemachten Schadenersatz einzuklagen, sagte der Vorsitzende Richter der zuständigen Zivilkammer, Dirk Apel. Das Geschäftsmodell der Ausgleichsgesellschaft verstoße gegen das sogenannte Rechtsdienstleistungsgesetz.

Maßgeblich für diesen Verstoß seien die Vergütungsverträge, die es zwischen dem Prozessfinanzierer und den Sägewerken gebe. Letztere würden dadurch »unangemessen benachteiligt«, sagte Apel. Damit habe der Prozessfinanzierer keine Legitimation, die Sägewerke zu vertreten. Auch andere Landgerichte hatten vergleichbare Entscheidungen in vergleichbar gelagerten Prozessen gefällt, unter anderem das Landgericht Stuttgart, dessen Entscheidung inzwischen vom Oberlandesgericht Stuttgart überprüft wird.

Das Bundeskartellamt hatte die jahrelang übliche Vermarktungspraxis erstmals im Jahr 2003 beanstandet. Seit 2008 tritt der Forst nach Angaben des Infrastrukturministeriums deshalb nur noch als Vermarkter für Waldbesitzer auf, die – als Einzelne – nicht mehr als 3000 Hektar oder – als forstlicher Zusammenschluss – nicht mehr als 8000 Hektar Waldfläche besitzen. Waldbesitzer oder Waldbesitzergemeinschaften, die über diesen Schwellenwerten liegen, müssen sich selbst um die Vermarktung des Holzes kümmern, das sie auf ihren Flächen ernten.

Auch die Entscheidung des Landgerichts Erfurt in dem Rechtsstreit ist nicht abschließend. Nach Angaben Apels kann gegen die Entscheidung Berufung beim Oberlandesgericht Jena eingelegt werden. Es gilt als sicher, dass der klagende Prozessfinanzierer das tun wird. Beendet ist der Streit mit der aktuellen Entscheidung also nicht.

Schon bei der Eröffnung des Prozesses vor dem Landgericht Erfurt hatte die Kammer durchblicken lassen, dass sie das Vergütungsmodell des Prozessfinanzierers kritisch sieht. Es ist im Kern so angelegt, dass dieser mehr Geld verdient, wenn der Prozess besonders teuer wird. Ein Anwalt des Prozessfinanzierers hatte damals argumentiert, dieses Vergütungsmodell sei bewusst gewählt worden, um sicherzustellen, dass das Unternehmen alle juristischen Wege ausschöpfe, um die Interessen der Sägewerke auch wirklich durchzusetzen. Zur Urteilsverkündung war kein Anwalt des Prozessfinanzierers erschienen.

Thüringens Infrastrukturministerin Susanna Karawanskij (Linke) zeigte sich nach der Entscheidung erleichtert. Das Land sei von Anfang an davon überzeugt gewesen, dass die Klage unbegründet sei »und wir den Prozessfinanzierer rechtlich in die Schranken weisen können«. Mit der Entscheidung des Landgerichts seien weitere finanzielle Belastungen für die Steuerzahler, den Wald und die Waldbesitzer abgewendet worden. »Anstatt für die Rendite eines internationalen Prozessfinanziers können wir das Geld sinnvoll zur Waldrettung einsetzen«, sagte sie.

Dass der Thüringer Forst zumindest noch für kleine und kleinste Waldbesitzer als Vermarkter auftreten darf, hat im Freistaat eine besondere Bedeutung, wenn man sich anschaut, wie der Besitz von Waldflächen in Thüringen verteilt ist. Nach Angaben des Infrastrukturministeriums gibt es etwa 180 000 Waldbesitzer – oft: Privatpersonen oder Kommunen – in Thüringen, denen insgesamt etwa 40 bis 45 Prozent der entsprechenden Fläche gehören. Der Rest des Waldes gehört zum überwiegenden Teil dem Thüringer Forst.

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