• Berlin
  • Sexuelle Belästigung

Dozent an der HU Berlin soll sich übergriffig verhalten haben

Laut Studierendenvertretung soll sich ein Geschichtsdozent seit Jahren übergriffig verhalten haben, doch die Universität schritt nicht ein

  • Nora Noll
  • Lesedauer: 3 Min.

Gespräch nur in Begleitung: Studentinnen der Humboldt-Universität sollen an der Sprechstunde eines Geschichtsdozenten nur »nach Voranmeldung bei der stellvertretenden dezentralen Frauenbeauftragten der Philosophischen Fakultät« teilnehmen. So steht es auf der HU-Website unter den Informationen zu dem betreffenden wissenschaftlichen Mitarbeiter. Vorwürfe durch aktuelle wie ehemalige Geschichtsstudierende gegen den Dozenten sowie eine Stellungnahme des Referent*innenrates zeigen nun: Grund für diese Regelung könnte jahrelanger sexueller Machtmissbrauch sein.

Am 13. Juli veröffentlichte das Kollektiv »Keine Uni für Täter« auf Indymedia einen offenen Brief. Darin bezeichnet die Gruppe den Dozenten als »Täter«, der »die Uni für alle Menschen in seinen Vorlesungen und an seinem Lehrstuhl durch verbale und körperliche sexualisierte Gewalt zur Hölle« macht. Die Urheber*innen warfen der Universitätsleitung sowie der Fachschaft und der Studierendenvertretung vor, diesen vermeintlichen Machtmissbrauch seit Jahren zu tolerieren.

»Es kann nicht sein, dass alle darüber Bescheid wissen und niemand etwas sagt«, erklärt Maxi, Teil des Kollektivs, gegenüber »nd« den Schritt an die Öffentlichkeit. Konkret wirft die Gruppe dem Dozenten vor, sich einerseits in Lehrveranstaltungen misogyn, rassistisch und transfeindlich zu äußern. In kleineren Settings oder Zweiergesprächen mache er außerdem anzügliche Bemerkungen und flirte mit Studentinnen. »Und er war schon physisch übergriffig, hat also Studentinnen nicht-konsensuell an verschiedenen Körperstellen berührt.«

Studierende würden deshalb versuchen, den Dozenten zu meiden. Doch studentische Hilfskräfte sowie Studierende, die an seinem Forschungsgebiet interessiert seien, kämen nicht um den Dozenten herum. »Er ist überall und hat in dem Institut eine starke Machtposition inne.«

Am Montag reagierte der Allgemeine Studierendenausschuss, an der HU Referent*innenrat genannt, mit einer Stellungnahme. Demnach arbeite er seit April gemeinsam mit der Fachschaft und deren Awareness-Team an der Aufarbeitung der Vorwürfe sexualisierter Gewalt. Die Regelung der Zentralverwaltung, Sprechstunden mit Studentinnen nur noch unter sechs Augen zu führen, habe allerdings nicht viel bewirkt. »Bereits kurz nach ihrer Vereinbarung wurden uns Fälle gemeldet, in denen er (Name v.d.R. gelöscht) wieder allein mit Studierenden sprach.«

Der Referent*innenrat geht außerdem auf die lange Vorgeschichte von Vorwürfen ein. Bereits 1997 hätten Studierende im Rahmen einer Evaluation das Verhalten des Dozenten kritisiert. »Erst zehn Jahre später sei dann sein unfreiwilliger Rücktritt als Studiendekan erfolgt«, heißt es weiter. Dieser hätte auf einer Abmahnung wegen sexueller Belästigung durch den damaligen HU-Präsidenten basiert.

Dass seitdem keine weiteren Konsequenzen erfolgten, bedauert die Studierendenvertretung: »Es tut uns leid, dass wir unserer Verantwortung nicht nachgekommen sind, Studierende ausreichend zu schützen.« Sie fordert von den zuständigen Stellen der Universitätsverwaltung, sich auf die Seite der Betroffenen zu stellen und kündigt an, sich für die Aufarbeitung gemeldeter Fälle unter Einbezug der Universität als Arbeitgeberin einzusetzen.

Benjamin Kley vom Referent*innenrat ist überzeugt, dass arbeitsrechtliche Schritte möglich und nötig seien. »Eine erneute Abmahnung müsste auf jeden Fall zu einer Kündigung führen«, sagt er zu »nd«. Die Universitätsleitung hätte bereits nach der ersten Mahnung genauer hinschauen müssen. »Sie ist in der Pflicht, ihre Studierenden und Mitarbeitenden zu schützen.«

Maxi von »Keine Uni für Täter« hofft auf starken Protest. Studierende könnten etwa die Veranstaltungen des Dozenten boykottieren und von dem Institut alternative Angebote verlangen. Zudem ginge es darum, Betroffenen zu zeigen, dass sie nicht allein seien. »Unser ultimate goal ist aber, dass er geht beziehungsweise gegangen wird.«

Die Pressestelle der Universität konnte bisher nicht auf Nachfragen antworten. Der betreffende Dozent reagierte auf nd-Anfrage nicht.

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