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Bahn-Schlichtung: Mit sehr langer Laufzeit
Nach der Annahme des Bahn-Schlichterspruchs durch die EVG dürfte die Urabstimmung Formsache sein
Der Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn (DB) AG ist mit hoher Wahrscheinlichkeit beendet. Am Mittwoch, und somit vier Tage früher als ursprünglich erwartet, stellten die von dem Unternehmen sowie der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) benannten Schlichter Thomas de Maizière und Heide Pfarr in Potsdam ihren nach neuntägigen Verhandlungen erzielten Kompromissvorschlag für einen neuen Tarifvertrag vor. EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch und Bahn-Vorstand Martin Seiler erklärten, dass sie den zuständigen Gremien vorschlagen werden, die Vereinbarung zu akzeptieren. Bei der EVG haben allerdings die Mitglieder das letzte Wort. Sie sollen jetzt in einer Urabstimmung entscheiden, ob der erzielte Kompromiss akzeptiert wird oder nicht. Das Ergebnis soll am 28. August bekannt gegeben werden. Für die Annahme reicht die Zustimmung von 25 Prozent der teilnehmenden EVG-Mitglieder. Oder andersherum: Um das Votum des Bundesvorstands der Gewerkschaft zu kippen, braucht es eine Dreiviertelmehrheit.
Im Mittelpunkt der Einigung steht eine pauschale Lohnerhöhung um 410 Euro, die in zwei Stufen im Dezember 2023 und im August 2024 wirksam werden soll. Dazu kommt eine einmalige, steuer- und abgabenfreie »Inflationsausgleichsprämie« in Höhe von 2850 Euro, die im Oktober 2023 ausgezahlt werden soll. Weitere Punkte betreffen die Ost-West-Lohnangleichung innerhalb des Konzerns sowie die Einbeziehung von mehr Mitarbeitern in Tochterunternehmen in den Konzerntarifvertrag
Ferner soll es für einige Berufsgruppen zusätzliche Lohnerhöhungen durch neue Eingruppierungen geben. Etwa für Fahrdienstleister, Zugbegleiter und Werkstattmitarbeiter ergäbe sich daraus insgesamt ein Lohnplus zwischen 800 und 900 Euro, erklärte Gewerkschafter Loroch. Diese Erhöhungen werden allerdings erst im März 2025 wirksam, zum Ende der Laufzeit des Tarifvertrags. Ohnehin ist die Laufzeit von 25 Monaten die wohl größte Kröte, die die EVG geschluckt hat, denn sie wollte bereits nach 12 Monaten über einen neuen Tarifvertrag verhandeln.
Der jetzt erzielte Kompromiss unterscheidet sich nur relativ geringfügig vom letzten Angebot der Bahn in den regulären Tarifverhandlungen. Diese hatte die EVG-Tarifkommission am 22. Juni für gescheitert erklärt und angekündigt, eine Urabstimmung über unbefristete Streiks einzuleiten. Zur Begründung hieß es, dass besonders die von der Bahn geforderte lange Laufzeit von 27 Monaten und der späte Termin für die erste Stufe der Lohnerhöhung im Dezember 2023 inakzeptabel seien. Einige Tage später erklärte die Gewerkschaft dann, dass sie »offen« für ein Schlichtungsverfahren wäre. Dieses wurde dann von der Bahn am 28. Juni vorgeschlagen, und die EVG willigte einen Tag später ein.
Doch genau in diesen beiden Punkten, Laufzeit und Termin der Lohnerhöhung, hat sich die Bahn in der Schlichtung weitgehend durchgesetzt. Die EVG-Führung wird ihren Mitgliedern jetzt erklären müssen, warum sie vor allem wegen dieser beiden Streitfragen zunächst einen unbefristeten Streik einleiten wollte und knapp einen Monat später einknickt. Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass in der jetzt beginnenden Urabstimmung die Annahme des Schlichterspruchs gestoppt wird. Vor allem die darin vorgesehene baldige Auszahlung der abgabenfreien »Inflationsausgleichsprämie« wird viele Mitglieder zur Zustimmung bewegen.
Der bevorstehende Tarifabschluss bewegt sich ungefähr in dem Rahmen, der auch für den öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen im April 2023 vereinbart wurde. Allerdings hatte die EVG 2021 im Schatten der Coronakrise im »Bündnis für unsere Bahn« einem Tarifvertrag zugestimmt, der deutliche Reallohnverluste beinhaltete, die durch die später einsetzende hohe Inflation noch drastisch verstärkt wurden. In den laufenden Tarifverhandlungen hatte die EVG daher stets von einem notwendigen »Nachholeffekt« gesprochen und damit auch ihre Ausgangsforderung von 650 Euro mehr pro Monat bei einer Laufzeit von einem Jahr begründet. Doch davon kann bei dem jetzt vorliegenden Schlichterspruch keine Rede sein.
Laut den Schlichtern ist es in der Summe die teuerste Tarifanhebung in der DB-Geschichte. Konzernchef Richard Lutz sprach am Donnerstag bei der Vorstellung der Halbjahresbilanz von einer finanziellen Belastung »an der Grenze von dem, was wirtschaftlich vertretbar ist«. In den ersten sechs Monaten des Jahres verzeichnete die Deutsche Bahn einen starken Zuwachs an Fahrgästen. Der Betriebsgewinn sank jedoch um rund 62 Prozent auf 331 Millionen, unter dem Strich stand sogar ein Verlust von 71 Millionen Euro. Der Konzernumsatz sank um rund zehn Prozent auf etwa 25 Milliarden Euro. Ob sich der Tarifabschluss mittelfristig in spürbaren Preiserhöhungen für die Fahrgäste niederschlagen werde, dazu wollte sich der DB-Chef nicht äußern.
Für die Bahnkunden bedeutet die Einigung, dass sie zumindest in der Ferienzeit nicht mit weiteren Streiks rechnen müssen. Aber im Herbst könnte es wieder ungemütlich werden. Denn dann beginnen bei der Bahn die Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), die für ein deutlich robusteres Vorgehen bekannt ist, wenn es um die Durchsetzung der eigenen Forderungen geht. Mit Agenturen
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