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- Fußball-WM der Frauen
Die deutschen Fußballerinnen scheitern in der WM-Gruppenphase
Das 1:1 der DFB-Frauen gegen Südkorea wird zum Lehrbeispiel der Planlosigkeit und führt zum WM-Aus
Es mutete fast schon sarkastisch an, was sich die Regie im Brisbane Stadium an diesem aus deutscher Sicht schmachvollen Abend mit dem Schlusspfiff leistete: Aus den Lautsprechern dröhnte »Happy« von Pharrell Williams, als auf dem Rasen nur Trauer herrschte. Alexandra Popp suchte einen kurzen Dialog mit Sturmpartnerin Lea Schüller, während Torhüterin Merle Frohms schon tieftraurig auf dem Hosenboden hockte. Abwehrspielerin Marina Hegering schaute entgeistert auf die sich rasch leerenden Tribünen. Bald flossen die Tränen nahe dem Brisbane River in Sturzbächen.
Das für die meisten Unfassbare war geschehen: Die deutschen Fußballerinnen haben sich von dieser WM verabschiedet, ehe das Turnier richtig begonnen hat. Das ist den DFB-Frauen auf der Weltbühne noch nie passiert: Diese Auswahl stand seit der Erstauflage 1991 mindestens immer im Viertelfinale. »Es braucht Zeit, das zu verarbeiten«, stammelte Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg. »Halt und Trost« wollte sie spenden, doch solche Versuche wirkten so vergeblich wie zuvor die Bemühungen ihrer Spielerinnen.
Ein verzweifeltes 1:1 gegen Südkorea war in einer der vermeintlich leichtesten Vorrundengruppen zu wenig, weil Marokko tatsächlich im Parallelspiel gegen Kolumbien 1:0 siegte. Mit der kargen Ausbeute von nur vier Punkten geht es für einen zweifachen Weltmeister, der die Mission zum dritten Stern in den Sand gesetzt hat, also schon auf die Heimreise. Voss-Tecklenburg räumte ein: »Es war eine große Verunsicherung zu spüren. Wir haben gekämpft, aber unsere Leistung nicht gebracht. Im Endeffekt war es zu wenig.« Wohl wahr. Der Vizeeuropameister hat sich dieselbe Peinlichkeit geleistet, die bei der WM 2018 die Männer-Nationalmannschaft in derselben Konstellation gegen denselben Gegner im russischen Kasan erlitten hatte. Die Parallelen zur Katastrophe von Kasan sind bei der Blamage von Brisbane unverkennbar.
Auch die DFB-Frauen zogen diesmal ein Lehrbeispiel der Planlosigkeit auf. Die Cheftrainerin kritisierte ein »zu statisches Spiel«, das die 55-Jährige indes mit der Umstellung auf zwei kopfballstarke Stürmerinnen selbst höchst eindimensional ausgerichtet hatte. Die gebürtige Duisburgerin war letztlich noch deutlicher als nach dem Viertelfinalaus bei der WM 2019 in Frankreich unter der Vorgabe geblieben. Der Sportliche Leiter der Nationalmannschaften, Joti Chatzialexiou, sprach von einem »gebrauchten Sommer für den DFB und den gesamten deutschen Fußball – das nimmt mich persönlich mit«.
Der sich stets eng mit der Bundestrainerin austauschende 47-Jährige führte rückblickend die hohen Erwartungen als Erklärung an: »Ein Turnierfavorit zu sein, hat was im Kopf gemacht. Der Druck hat gelähmt.« Vor der EM in England hatte die Öffentlichkeit kaum etwas erwartet – und auch nicht so viele von Beginn an mitgefiebert. Für Chatzialexiou war in Anbetracht der famosen Einschaltquoten fatal, »dass wir verpasst haben, neue Vorbilder zu schaffen«. Nun tragen auch die Frauen den Versager-Stempel. Doch aus seiner Sicht müsse »niemand infrage gestellt werden«. Auch die Bundestrainerin nicht?
Voss-Tecklenburg wollte sich der »Verantwortung stellen« – das Wort Rücktritt nahm sie nicht in den Mund. Sie stehe dazu, »dass wir es nicht geschafft haben, aber gebe mir die Möglichkeit, nicht vorschnell etwas zu sagen: Ich brauche jetzt auch etwas Zeit, um das verarbeiten zu können.« Es gehe darum, die WM »sauber zu analysieren und die entsprechenden Schlüsse zu ziehen«. Das DFB-Team habe »zweimal ein Ergebnis erzielt, das nicht ausreicht. Dem müssen wir uns stellen, und das in erster Linie in meiner Person.«
Mit ihrer Vertrauten Popp wirkte auch die einzige richtige Führungsspielerin fast entgeistert. »Grundsätzlich war es holprig in allen Spielen. Das kann nicht unser Anspruch sein. Ich kann es nicht greifen und nicht verstehen«, sagte die tieftraurige Torjägerin, deren Einsatz und Willen am Ende nicht reichte. Sie müsse das alles »erst verarbeiten, aber grundsätzlich steht die Qualität nicht infrage«. Da könnte die 32-Jährige – die zu ihrer Zukunft im DFB-Dress nichts sagen wollte – offenkundig irren, denn es gibt zu viele, die dem gesteigerten Niveau nicht folgen können.
Die deutsche Verunsicherung war von Anfang bis Ende spürbar. Ein DFB-Team als Nervenbündel. So-Hyun Cho sorgte nach einem fatalen Stellungsfehler von Kathrin Hendrich in der fünften Minute für den frühen Rückstand. Deutschland-Freund Colin Bell (»Wenn die deutschen Männer oder Frauen bei einer WM verlieren, tut mir das weh: Deutschland, ein Land, das ich liebe«) hatte sein Ensemble taktisch glänzend eingestellt. Der 61-Jährige wusste auch um die Außenverteidigerinnen Svenja Huth und die vollkommen überforderte Chantal Hagel als größten Schwachpunkt.
Im Mittelfeld lieferte Sara Däbritz in ihrem 100. Länderspiel eine fast schon klägliche Leistung ab, auch Lena Oberdorf erlaubte sich eine erschreckende Vorstellung. Vorne sollte eigentlich Schüller für Belebung sorgen, doch bezeichnend, dass es mal wieder Popp allein richten musste, um eine eigentlich unterirdische erste Halbzeit mit einem Kopfballtreffer zum 1:1 kurz vor der Pause zu schönen.
Es änderte sich im zweiten Durchgang nicht viel daran, dass allein Popp mit dem Kopf für Gefahr sorgte. Einmal hatte sie nach feiner Hackenverlängerung von Schüller schon getroffen, doch der VAR identifizierte eine Abseitsstellung. Kurz darauf köpfte die Torjägerin an die Latte. Als ihr die eingewechselte Sydney Lohmann perfekt servierte, zielte die Nummer 11 zu zentral. So verrann die Zeit, zumal die Spielanlage ideenlos blieb.
Am Ende waren es noch zwei Fernschüsse von Sydney Lohmann, die tief in der Nachspielzeit am Ziel vorbeiflogen. Warum die aktive Mittelfeldspielerin nicht viel früher das stockende Spiel belebte, war eines von vielen Rätseln bei der nächsten Schmach für den deutschen Fußball, der nun mit Männern, Frauen und Nachwuchs ungefähr so weit weg von der Weltspitze ist wie Brisbane von Frankfurt.
Sonnabend, 5.8.
Schweiz – Spanien
Japan – Norwegen
Sonntag, 6.8.
Niederlande – Südafrika
Schweden – USA
Montag, 7.8.
England – Nigeria
Australien – Dänemark
Dienstag, 8.8.
Kolumbien – Jamaika
Frankreich – Marokko
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