Klare Fronten in der Linken

Wolfgang Hübner über die Konflikte in der Linksfraktion und den Rückzug von Fraktionschefin Mohamed Ali

Dietmar Bartsch hat die Linke-Bundestagsabgeordneten zur Einigkeit aufgerufen. Was klingt wie eine Phrase, hat einen bitterernsten Hintergrund, entbehrt aber zugleich nicht einer unfreiwilligen Komik. Denn nach der Ankündigung von Bartschs Kollegin Amira Mohamed Ali im Vorsitz der Linksfraktion, wegen grundsätzlicher Differenzen nicht mehr für dieses Amt zu kandidieren, fliegen die Fetzen. An den Reaktionen lässt sich gut ablesen, wer in der Linken tendenziell die Zukunft nur noch in einem neuen Projekt sieht. Inhaltlich geht es darum, ob der Kurs der Linkspartei als soziale Opposition verstanden wird oder nur als sozialpolitische Schönheitsreparatur einer neoliberalen Ampel-Politik.

Mit Mohamed Alis Rückzug dürfte das Modell, die Fraktion flügelübergreifend und integrierend zu führen, am Ende sein. Ohnehin gab es viel Kritik daran, nicht wenige sahen es als rein machtpolitische Klammer von Gruppen mit sehr unterschiedlichen Ansichten. Beim Parteitag in Erfurt vor gut einem Jahr wurde niemand von Wagenknechts Unterstützern in den Parteivorstand gewählt; dort sitzt seitdem vor allem die Bewegungslinke, die sich und ihr Politikverständnis von Wagenknecht als selbstgerecht und skurril verspottet sieht.

Allmählich klären sich also die Fronten in den linken Auseinandersetzungen. Mittlerweile kursieren Gedankenspiele über ein Ausstiegsszenario: Sollte Die Linke bei der hessischen Landtagswahl im Oktober scheitern (jüngste Umfragen geben ihr vier Prozent), würde das auch als persönliche Niederlage der aus Hessen stammenden Parteichefin Janine Wissler gelten. Das könnte jenen, die eine Neugründung vorbereiten, den brauchbaren Anlass liefern. Der Rückzug von Mohamed Ali und der Beifall eines Teils der Bundestagsfraktion würden genau in so eine Entwicklung passen.

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