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Raus aus dem Fußball-Hamsterrad!
Die Bundesliga bietet kaum mehr Überraschungen. Ein paar billige Reformvorschläge
Das Pokalwochenende ist rum. Schön war’s mal wieder in Jena, wo nur die Hertha und das Ergebnis ein wenig gestört haben. Auch ansonsten gab es jede Menge netter Stadien und Mannschaften zu sehen, für die sich viele Menschen komischerweise nur dann interessieren, wenn sie im Pokal einen Verein aus der Fußball-Bundesliga zugelost bekommen.
Die startet am kommenden Wochenende. Und vielleicht bin ich ja nicht der Einzige, dem das kaum gleichgültiger sein könnte. Wer Meister wird, ist klar. Wer die vier Vereine sind, die die Absteiger unter sich ausmachen werden, auch so ziemlich. Was ansonsten Neuigkeitswert bildet, zeigen die Fußball-Nachrichten der vergangenen Wochen, die sich im Wesentlichen damit begnügten zu referieren, dass es beim Flirt zwischen Harry Kane und dem FC Bayern nichts zu berichten gibt. Warten auf Godot also. Nur ohne Beckett und Verstand.
Nun ist Kane aber da. Er soll 100 Millionen Euro gekostet haben. Cristiano Ronaldo kickt derweil in Saudi-Arabien für 200 Millionen Euro pro Jahr. Und längst wechseln nicht nur abgehalfterte Stars an den Golf, wo man allen Ernstes vorhat, die stärkste Liga der Welt aufzubauen. Nun könnten einem die Nachrichten aus dem in die unendlichen Weiten des Wahnsinns entschwebten globalen Fußball-Oberbau herzlich egal sein. Wenn man nicht den Eindruck hätte, dass sich auch Vereinsfunktionäre handelsüblicher deutscher Erst- und Zweitligisten verrückt machen lassen von all dem Geld, das anderswo ausgegeben wird.
In der SZ wurde dazu Max Eberl, Sportvorstand bei RB Leipzig, interviewt. Der war schon immer einer der Klügeren der Branche und gab brav zu, dass die Bundesliga weder mit der saudischen Liga noch mit der englischen Premier League je wird konkurrieren können. Da bliebe doch eigentlich nur eine Konsequenz, oder? Nämlich sein eigenes Ding zu machen und sich zu überlegen, wie weit man sich noch von den Menschen entfernen will, die einem Woche für Woche die Stadien füllen. Stattdessen schreien die Exponenten der Liga nach mehr Geld wie Junkies nach mehr Stoff – und zeigen ein merkwürdiges Demokratieverständnis. Denn gerade eben hat ja die Mehrheit ihrer Gesellschafter, die Mehrheit der Klubs der ersten und zweiten Liga, einen Investor abgelehnt, der statt wie in Eberls Arbeitgeber in eine ganze Liga investiert hätte. Doch sogleich war klar, dass die unterlegene Seite nicht ruhen würde, um den Kampf um noch mehr Geld weiterzuführen. Geld, das nach Lage der Dinge nur einen Zweck hat: Von jedem Euro, den die Vereine mehr generieren, landen 80 Prozent im Lizenzspielerkader. Anders gesagt: auf dem Konto der Spieler. Das weiß auch Eberl, der dann auch eine »Gretchenfrage« gestellt hat: »Was wollen wir? Wollen wir eine der besten Ligen im internationalen Wettbewerb bleiben? Oder verabschieden wir uns davon und sind eine superinteressante, traditionelle, national verwurzelte Liga, die die Menschen hier in Deutschland gerne schauen, die aber international nicht mehr diese große Rolle spielt? Wenn wir uns entscheiden, dass wir international wettbewerbsfähig sein wollen, dürfen wir aber nicht nur A, sondern müssen auch B sagen.«
Genau darum geht es: Will die DFL, unter deren Dach jetzt schon das Gros der Bundesliga-Stammspieler ein- bis zweistellige Millionenbeträge verdient, weiter im Hamsterrad mithetzen, in dem gerade Saudi-Arabien den Turbo gezündet hat? Oder ist das Ziel die »superinteressante, traditionelle, national verwurzelte Liga, die die Menschen hier in Deutschland gerne schauen«, von der Eberl behauptet, dass sie bereits existiert? Es ist nur folgerichtig, wenn Red-Bull-Manager von »traditionellen« Ligen reden, in denen sie selbst mitspielen. Ich jedenfalls fände interessante Ligen, die nicht jeden Wahnsinn mitmachen, total erstrebenswert. Um die zu schaffen, bräuchten die Manager viel Fleiß und noch mehr Gefühl für die Welt außerhalb ihrer Blase. Und eines ganz sicher nicht: noch mehr Geld.
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