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Klage gegen Entzug eines Lehrauftrags an Polizeihochschule
Die Kölner Lehrerin Bahar Aslan macht abermals auf Angst vor der Polizei aufmerksam
Die ehemalige Dozentin Bahar Aslan klagt gegen den Entzug ihres Lehrauftrags an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung (HSPV) in Nordrhein-Westfalen. Mit Unterstützung der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) haben Aslan und ihr Rechtsanwalt Patrick Heinemann einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen eingereicht. Das machte die Bürgerrechtsorganisation am Dienstag in einer Pressemitteilung bekannt. Mit dem Antrag soll der Widerruf des Lehrauftrags außer Vollzug gesetzt werden.
Die 38-jährige Kölner Lehrerin unterrichtet an der HSPV seit Januar 2022 das Fach »Interkulturelle Kompetenz«, es soll sich um 20 Stunden pro Jahr handeln. Die Polizeihochschule hatte ihr im Mai 2023 einen erneuten Lehrauftrag für das kommende Wintersemester erteilt. Nachdem Aslan Ende Mai auf Twitter ihre Sorge über rechte und rassistische Kräfte bei der Polizei geäußert hatte, widerrief die Hochschule die Beschäftigung jedoch.
In ihrem Tweet hatte Aslan geschrieben: »Ich bekomme mittlerweile Herzrasen, wenn ich oder meine Freund*innen in eine Polizeikontrolle geraten, weil der ganze braune Dreck innerhalb der Sicherheitsbehörden uns Angst macht. Das ist nicht nur meine Realität, sondern die von vielen Menschen in diesem Land.« Daraufhin hatten unter anderem Polizeigewerkschafter in sozialen Medien Stimmung gegen Aslan gemacht.
In einem Gespräch mit »ZDF heute« hat sich Aslan anschließend für die Wortwahl entschuldigt. Der Tweet sei eine »sehr harsche Formulierung« gewesen. Sie könne verstehen, wenn sich »rechtschaffene Polizeibeamte durch die Wortwahl verletzt gefühlt« hätten. Die inhaltliche Kritik halte sie jedoch aufrecht: »Wenn ich mich dafür entschuldigen würde, dann hätte ich das Gefühl, ich müsste mich für meine Existenz und meine Rassismuserfahrungen und für meine Ängste entschuldigen.«
Der Entzug des Lehrauftrags durch die nordrhein-westfälische HSPV erfolgte ohne Begründung. Auf deren Webseite wurde diese später in einem öffentlichen Statement nachgereicht. Darin formuliert die Hochschule den Anspruch, »angehenden Polizistinnen und Polizisten sowie angehenden Verwaltungsbeamtinnen und -beamten eine differenzierte, vorurteilsfreie Sichtweise auf Demokratie, Toleranz und Neutralität zu vermitteln«. Das Präsidium sei deshalb der Meinung, »dass Frau Aslan aus heutiger Perspektive nicht dafür geeignet ist, dies zukünftig hochschulgerecht sicherstellen zu können«. Anschließend sollen die HSPV und Aslan Berichten zufolge ein vertrauliches Gespräch geführt haben.
Die Polizeihochschule verletzte mit ihrer Sanktion die Meinungsfreiheit von Aslan, schreibt die GFF in ihrer Mitteilung zum Eilverfahren. Außerdem werde das Muster fortgesetzt, bei öffentlicher Kritik an polizeilichen Missständen deren Benennung zu problematisieren, anstatt das Problem anzugehen: »Der Vorfall ist bezeichnend: Eine Lehrbeauftragte der Polizeihochschule verliert ihren Job, weil sie öffentlich ihre Angst vor Rassismus in der Polizei äußert. Das zeigt, wie weit wir davon entfernt sind, dass Sicherheitsbehörden sich mit Rassismus in den eigenen Reihen auseinandersetzen«, kritisiert Laura Kuttler, Juristin und Projektkoordinatorin bei der GFF.
Aslan selbst wiederholt in dem Statement ihren in Rede stehenden Tweet, ergänzt diese Aussage aber mit einem positiven Bezug zur Polizei: »Die Polizei sollte die erste Adresse für People of Color sein, um sie zu schützen. Die Realität sieht leider anders aus: Viele von ihnen haben Angst vor der Polizei.« Anscheinend habe sie sich für die Polizeihochschule zur Persona non grata gemacht, indem sie diese Angst öffentlich anspreche, so die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen.
Der Fall erinnert an Stephan Anpalagan, der ebenfalls an der HSPV als Lehrbeauftragter tätig ist und wegen eines ähnlichen Tweets in Misskredit geriet. Der Journalist hatte Anfang August an die Adresse des Bundespolizisten Manuel Ostermann getwittert: »Vielleicht sollte ein Mitglied der Gestapo-Nachfolgeorganisation kleinere Brötchen backen.« Damit war von Anpalagan offenbar die gesamte deutsche Polizei gemeint.
Auslöser war ein Tweet Ostermanns, in der dieser Die Linke als »SED-Nachfolgeorganisation« bezeichnet hatte. Ostermann ist unter anderem stellvertretender Bundesvorsitzender der rechtslastigen Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Die kann getrost ebenfalls als Nachfolgeorganisation von Speerspitzen des Nationalsozialismus bezeichnet werden: Sie wurde 1951 von dem Kriminaldirektor Kurt Fähnrich gegründet. Fähnrich war Mitglied der NSDAP und der SA, 1933 trat er in den Dienst der Gestapo.
Anders als Aslan darf Anpalagan weiterhin an der HSPV lehren, erhielt von dieser aber einen Tadel. »Die Hochschulleitung missbilligt den Vergleich, den Herr Anpalagan in seinem Tweet geäußert hat, als unsachlich und kritisiert die damit mögliche Diffamierung von Sicherheitsbehörden der Bundesrepublik Deutschland«, so ein Sprecher.
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