Thälmann-Denkmal für Filmdreh gereinigt

Rund 100 Menschen erinnern in Berlin an den ermordeten KPD-Vorsitzenden

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.
Heiner Bücker spricht am Ernst-Thälmann-Denkmal.
Heiner Bücker spricht am Ernst-Thälmann-Denkmal.

Es sind 33 Grad Samstag in Berlin. Wohlweislich sind deshalb die Stühle der Zuhörer und die Infostände weit zur Seite in den Schatten gerückt. An seinem Denkmal an der Greifswalder Straße wird an die Ermordung des KPD-Vorsitzenden Ernst Thälmann im August 1944 erinnert. Doch Max Renkl und Heiner Bücker stehen im prallen Sonnenschein, während sie ihre Reden halten. Der Schatten der Bäume reicht nicht bis zu ihnen. Renkl wischt sich immer wieder den Schweiß aus dem Gesicht, Bücker trinkt große Züge aus einer Wasserflasche.

Beide haben jedoch größere Probleme als die Hitze. Renkl ärgert sich furchtbar, weil das quasi permanent mit Graffiti beschmierte Ernst-Thälmann-Denkmal so selten gereinigt wird. »Für jeden Schlächter, General und König haben sie Geld übrig, für Thälmann nicht«, wirft er dem Land Berlin und dem Bezirk Pankow vor. Gerade ist die imposante Thälmann-Skulptur zwar relativ sauber. Aber sie sei nicht etwa zum Jahrestag der Ermordung des KPD-Vorsitzenden im KZ Buchenwald frisch gereinigt worden, sondern nur für einen Filmdreh, sagt Renkl. Er ist Vorsitzender des Freundeskreises der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte Ziegenhals. Eine überfällige Sanierung, bei der das Denkmal vom Rost befreit wird, lasse weiter auf sich warten, beklagt Renkl. Wenn sich Klimaaktivisten an Straßen festkleben, sei »Schluss mit lustig«. Dann werden sie verurteilt, sagt er. So scharf sollte die Justiz mal gegen Faschisten durchgreifen.

Intensiv kümmert sich die Staatsanwaltschaft indes um Heiner Bücker. Der betreibt seit 2005 in der Berliner Rochstraße 3 das Anti-War-Café (Anti-Kriegs-Café). Bücker wurde mit 2000 Euro Geldstrafe oder 40 Tagen Haft bedroht und vor Gericht gezerrt, weil er zum Tag der Befreiung vom Faschismus im Mai 2022 am Sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park unter anderem geäußert hatte: »Niemals wieder dürfen wir als Deutsche an einem Krieg gegen Russland beteiligt sein.«

Billigung des russischen Angriffs auf die Ukraine und damit eine Störung der öffentlichen Ordnung wird Bücker zur Last gelegt. Ein Verfahren vor dem Amtsgericht Tiergarten im April 2023 endete mit einem Freispruch – allerdings war es gewissermaßen ein Freispruch zweiter Klasse. Bücker habe seine Worte ja nur an eine Fangemeinde gerichtet und somit niemanden gestört, lautete das Urteil. Russland habe die Ukraine natürlich völkerrechtswidrig angegriffen, und Putin sei ein Kriegsverbrecher, habe die Richterin extra noch klargestellt, berichtet Rechtsanwalt Hans Bauer am Samstag. Bücker sei nicht sein Mandant, aber er habe den Prozess verfolgt.

Die Sache hat sich für Heiner Bücker noch nicht erledigt. Die Staatsanwaltschaft habe Berufung eingelegt, erzählt der 69-Jährige, der Mitglied der Linkspartei ist. Nun werde der Fall sicher vor dem Landgericht landen. Einen Termin für die Verhandlung gebe es aber noch nicht.

Am Samstag am Thälmann-Denkmal wiederholt Bücker unbeirrt seine Äußerungen vom Treptower Ehrenmal und setzt noch einen drauf: Er sei ausschließlich gegen imperialistische Kriege, mache er den Besuchern seines Anti-War-Cafés deutlich, sagt Bücker. »Auf meine volle Unterstützung der russischen militärischen Operation seit Februar 2022 weise ich meine Gäste hin.« Dann bemüht sich Bücker nachzuweisen, warum Russland nicht der Aggressor sei und das Vordringen russischer Truppen auf ukrainisches Gebiet nicht völkerrechtswidrig. »Eindeutig suchte Kiew den militärischen Konflikt mit Russland«, argumentiert er. Russland sollte seiner Ansicht nach in einen Krieg gelockt werden, für den ihm dann die Schuld zugeschoben werden konnte.

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