Schulen in Berlin: Die übliche Katastrophe

Berliner Schüler verschlechtern sich weiter in Vergleichstest

Was viele befürchtet haben, hat sich bewahrheitet: Während der Corona-Pandemie sind die Schülerleistungen kräftig gesunken. Das geht aus der sogenannten Vera-Vergleichsstudie des Instituts für Schulqualität hervor. Zunächst hatte der »Tagesspiegel« über die Studie berichtet.

Vor allem an Integrierten Sekundarschulen und Gemeinschaftsschulen erreichen viele Schüler die Mindeststandards nicht. 61 Prozent der getesteten Achtklässler verfehlen demnach das geforderte Niveau im Fach Deutsch. In Mathematik sind es sogar 77 Prozent. Die Ergebnisse verschlechtern sich damit noch einmal im Vergleich zur vorigen Erhebung. Besser ist die Situation an Gymnasien: Dort verfehlten nur vergleichsweise geringe 52 Prozent die Leistungsstandards im Fach Mathematik und nur 27 Prozent im Fach Deutsch.

Ähnlich ist die Lage an Grundschulen, die ebenfalls getestet wurden. 35 Prozent der Schüler erreichen das geforderte Niveau im Bereich Lesen nicht, weitere 46 Prozent verfehlen die Ziele im Bereich Sprachgebrauch. In der Mathematik scheitern 37 Prozent an den Mindeststandards.

Eine Einschränkung gibt es für diese Ergebnisse allerdings: Die Aufgaben des Vergleichstests für die dritte Klasse fragen die Regelstandards der vierten Jahrgangsstufe ab – dass ein wesentlicher Teil der Schüler das Kompetenzniveau unterschreitet, ist also wenig überraschend. Die Art und Weise, wie die Studie aufgebaut ist, ermöglicht detaillierte Rückschlüsse auf einzelne Schulen und sogar Klassen. Die Standards sind daher so hoch angesetzt, weil so gezielt Defizite erkannt und ausgebessert werden können.

Wie mit der Situation umgehen? Für das neue Schuljahr, das am kommenden Montag beginnt, kündigen sich noch wenige Änderungen an. Zumindest in einem Bereich gibt es relativ gute Neuigkeiten, wie sich bei einer Pressekonferenz der Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) am Mittwoch zeigte: Die Zahl der neu angestellten Lehrkräfte liegt über der ursprünglichen Prognose. Mit 3225 Personen, die sich auf etwa 2440 Vollzeitstellen verteilen, wurden etwa 200 Personen mehr als im Vorjahr angestellt. Mindestens die Hälfte der neu angestellten Lehrer sind Quer- und Seiteneinsteiger.

Dem steht eine Rekordzahl von 395 000 Schülern gegenüber, etwa 7000 mehr als im vergangenen Schuljahr. Davon sind etwa 37 500 Schulanfänger. Wie groß das Defizit zwischen vorhandenen Lehrkräften und dem Bedarf ist, wollte Günther-Wünsch nicht definitiv sagen. Die Zahl stehe erst im September fest, so die Bildungssenatorin. Sie rechne aber damit, dass das Defizit unter der befürchteten Zahl von 1500 Vollzeitkräften liegen werde.

Ein wenig Erleichterung kündigt sich auch bei den Schulplätzen an. Dank Neubauten und abgeschlossenen Sanierungen kommen im neuen Schuljahr 4000 Schulplätze dazu, für das darauffolgende Schuljahr könnten es sogar bis zu 7000 neue Schulplätze sein. Sechs neue Schulen wurden eröffnet.

Trotz der Diskrepanz zwischen Schülerzahlen und Schulplätzen sei es gelungen, alle Schüler mit einem Platz zu versorgen. »Wir haben da viel telefoniert mit den Bezirken, teilweise uns um einzelne Fälle sehr intensiv gekümmert«, sagte Günther-Wünsch. Sie musste allerdings einschränken: Etwa 1100 Flüchtlingskinder stünden weiterhin auf Wartelisten. Diese sollen jetzt übergangsweise in ihren Unterkünften unterrichtet werden.

Die Ergebnisse der Vergleichsstudie nannte Günther-Wünsch »nicht hinnehmbar«. Sie will es zur Priorität machen, dass mehr Schüler die Mindeststandards erreichen. »Wir werden uns auf die Basiskompetenzen konzentrieren«, sagte die Bildungssenatorin. Um das zu erreichen, soll es aber keine Einschränkungen in anderen Bereichen geben. »Wir werden nirgendwo kürzen«, so Günther-Wünsch. Stattdessen soll datengestützt analysiert werden, wo in den einzelnen Schulen die größten Probleme zu finden sind. Die katastrophalen Befunde der Vera-Tests sollen so dabei helfen, die Defizite zielgerichtet anzugehen.

Norman Heise, Vorsitzender des Landeselternausschuss, blickt im Gespräch mit »nd« mit einem »Wechselbad der Gefühle« auf das neue Schuljahr. Sorge bereitet ihm die Lage an Schulen, auf die sich nur wenige Lehrkräfte bewerben. Die Bildungsverwaltung will hier Lehramtsstudierende ermutigen, schon früh an diesen häufig am Stadtrand zu findenden Schulen zu unterrichten und »zu sehen, dass es läuft«, wie Günther-Wünsch auf der Pressekonferenz sagte. Mögliche Klebeeffekte stellen sich aber erst nach mehreren Jahren ein, so Elternvertreter Heise. »Die Schulen müssen da mehr unterstützt werden.«

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