Der Gastronom ist König

Die Debatte um den richtigen Mehrwertsteuersatz wird mit Scheinargumenten geführt

Es ist das generelle Elend mit staatlichen Subventionen für die Wirtschaft: Eingeführt sind sie leicht, doch sie wieder rückgängig zu machen, ist umso schwerer, selbst wenn sie von Anfang befristet waren. Die einschlägigen Lobbyverbände erklären lautstark, warum die Rücknahme gerade zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht geht. Nie fehlen dürfen die ganz vielen angeblich bedrohten Jobs.

Der Gastronomen-Verband Dehoga perfektioniert dies jetzt: Dass Bund und Länder in der Coronakrise den Mehrwertsteuersatz für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen von 19 auf 7 und teilweise auf 5 Prozent senkten und die Hilfe noch um über zwei Jahre verlängerten, sei gar keine Subvention, sondern eine Normalisierung. Schließlich gelte auch sonst für Lebensmittel der ermäßigte Steuersatz. Eine reichlich abgeschmackte Darstellung: 19 Prozent werden hier ja nicht für die Lebensmittel fällig, sondern für die Dienstleistung der professionellen Speisenzubereitung. Darüber hinaus nennt die Dehoga unter Verweis auf eine in Auftrag gegebene Prognose sogar eine Hausnummer: Fast jeder achte Betrieb sei insolvenzgefährdet. Auch das sticht nicht: Ähnliches gilt für die Branche mit ihren Zehntausenden meist Kleinstbetrieben eigentlich immer.

Trotz der wenig überzeugenden Position gibt die CDU, die beim Buhlen um zur AfD schielende Mittelschichtswähler jeden Blödsinn mitmacht, den Fürsprecher der Gastronomen – in Gestalt von Julia Klöckner, die schon als Agrar- und Verbraucherschutzministerin am liebsten alles beim Alten ließ. Auch hier kein Wort von den wirklichen Problemen in der Gastronomie: dem Fachkräftemangel aufgrund mieser Arbeitsbedingungen sowie der geringen Kaufkraft, die immer mehr Bürger vom Gang ins Restaurant abhält. Der CDU wie der Lobby sind die Beschäftigten wie auch der Kunde egal – für sie ist der Gastronom König.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.