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Stunde der Wahrheit
Oberster Richter in Brasilien annulliert falsche Beweise korrupter Ermittler gegen Lula
Das Spiel hat sich gedreht. Am Mittwoch hat der Richter an Brasiliens Obersten Gerichtshof (STF), Dias Toffoli, entschieden, dass alle durch Kronzeugenregelungen im Rahmen einer Vereinbarung mit dem Baukonzern Odebrecht erlangten Beweise zu annullieren sind. Infolgedessen wurden durch die Generalstaatsanwaltschaft umgehend Untersuchungen gegen die damals beteiligten Ermittler wegen des Verdachts der Rechtsbeugung und Amtsanmaßung eingeleitet.
Das Unternehmen Odebrecht stand über Jahre im Mittelpunkt eines Skandals um Schmiergeldzahlungen an Politiker und Geschäftsleute in mehreren Ländern, was von der sogenannten »Lava Jato«-Taskforce untersucht wurde – einem Team von Staatsanwälten und Untersuchungsrichtern in der südbrasilianischen Metropole Curitiba. Toffoli gab mit seinem Urteil einem Antrag der Verteidigung des aktuellen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva von der linken Arbeiterpartei statt. Auswirkungen hat das Urteil aber auch auf Hunderte weitere Fälle.
Als favorisierter Präsidentschaftskandidat, von 2003 bis 2009 schon einmal Brasiliens Staatschef, war Lula 2018 von der Wahl ausgeschlossen worden, nachdem er in mehreren umstrittenen Prozessen mit Odebrecht-Bezug von Richter Sérgio Moro wegen Geldwäsche und Korruption zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden war. Lula saß 580 Tage im Polizeigefängnis von Curitiba.
Ein möglicher Gang ins Exil war für den populärsten Kopf der Linkskräfte in Brasilien nicht infrage gekommen: »Selbst wenn ich hundert Jahre eingesperrt bliebe, würde ich meine Würde nicht gegen meine Freiheit eintauschen. Ich will beweisen, dass es sich um eine Farce handelt«, sagte Lula während eines Verhörs während seiner Haftzeit.
Sämtliche Urteile gegen den Politiker sind mittlerweile vom Tisch. Geleakte Chatverläufe enthüllten, dass Staatsanwälte und Richter politisch motiviert ihr Spiel abgekartet hatten. Damit wollten die Köpfe der Taskforce die Arbeiterpartei auf Dauer von der Macht verdrängen. »Lava Jato« wirkte dabei eng mit US-Stellen zusammen, übergeordnete nationale Institutionen wurden übergangen. Häufig mit langer Untersuchungshaft erpresste Kronzeugenaussagen stützten konstruierte Anklagen.
Das alles geschah im Zusammenwirken mit großen Medien, die von »Lava Jato« gezielt Material für Sensationsberichterstattung zugespielt erhielten und einen Sturm öffentlicher Empörung gegen linke Politiker erzeugten. Selbst eine Mehrheit der Richter am Obersten Gerichtshof hatte damals den Kopf eingezogen.
Wegbereiter Sérgio Moro wurde von Jair Bolsonaro nach dessen Wahlsieg 2018 mit dem Amt des Justizministers belehnt. Im vergangenen Oktober gelang Lula die politische Revanche, als er den ultrarechten Amtsinhaber bei der Präsidentschaftswahl knapp besiegte. In seiner Urteilsbegründung nennt der Oberste Richter den Fall Lula nun »einen der größten Justizirrtümer in der Geschichte des Landes«.
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