Abschiebegefängnisse für Flüchtlinge

Italiens postfaschistische Regierung von Giorgia Meloni will aus der Debatte um die steigende Migration politisch Kapital schlagen

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Strom der Flüchtlinge, egal ob sie über das Mittelmeer oder über die Balkanroute kommen, eignet sich hervorragend, um ein Thema aktuell zu halten, das ein wesentlicher Teil der Wahlkampagne der Rechten vor einem Jahr war. »Ich werde nicht zulassen, dass Italien zum Flüchtlingslager Europas wird«, sagte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni in diesen Tagen am Rande der UN-Vollversammlung in New York. Dieser Satz ist typisch: Man lässt durchblicken, dass es okkulte Kräfte gibt, die es gerade auf Italien abgesehen haben.

Zweitens erklärt Meloni, dass sie diejenige ist, die sich diesem perfiden Plan widersetzen kann und wird. Aber da liegt auch gleich das Problem. Sie und ihre Regierung hatten in der Wahlkampagne erklärt, dass sie diese Situation schnell in den Griff bekommen würden. Nun hatten sie aber schon fast ein Jahr Zeit und tatsächlich kommen nicht weniger, sondern mehr Migranten als je zuvor.

Die furchtbaren Bilder aus Lampedusa, die man heute so gerne verbreitet, werden genutzt, um zu beweisen, dass Italien »belagert« wird und eine »Invasion« (Matteo Salvini) oder ein »ethnischer Austausch« (Giorgia Meloni) stattfindet.

Die ganz Rechten in Italien haben auch schon ein neues Mittel parat, da bisher angepriesene Rezepte – etwa eine Seeblockade – offenbar nicht funktionieren. Jetzt will man die verzweifelten Menschen, die die Todesfahrt überlebt haben, einfach wegsperren. In jeder der 20 italienischen Regionen soll ein Abschiebegefängnis errichtet werden, in dem man die Flüchtlinge bis zu 18 Monate einschließen kann, um ihren Status zu klären und die Ausweisung zu organisieren. Die dort weggeschlossenen Menschen brauchen keine Straftaten begangen zu haben.

Diese Lager sollen – so Meloni – »fernab der Städte« liegen, »leicht eingezäunt« und »gut bewacht« werden können. Nun sucht das Innenministerium »militärische, aber auch industrielle« Gebäude, die diesem Zwecke dienen können. Innerhalb von zwei Monaten sollen sie zur Verfügung stehen. So einfach wird das aber wohl nicht gehen: Der demokratische Ministerpräsident der Toskana, Eugenio Giani, hat schon »nein« gesagt und andere Lokalpolitiker sind ebenfalls skeptisch.

Dass Abschiebungen nicht nur in Italien nicht funktionieren, ist bei diesem Vorhaben offenbar zweitrangig. Oder auch das lässt sich schnell ändern, wenn man Meloni nur machen lässt. Dafür braucht man allerdings Abkommen mit den Herkunftsländern, die sich bereit erklären, die Flüchtlinge wieder zurückzunehmen.

Und also ist die italienische Ministerpräsidentin mit freundlicher Unterstützung von der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach Tunesien gereist, wo die meisten Flüchtlingsboote ablegen, die dann in Lampadusa ankommen. Mit viel Tamtam wurde von den beiden Frauen kürzlich erklärt, man hätte nun endlich ein zufriedenstellendes Abkommen unterzeichnet.

Nur hat sich dieser Vertrag schon nach wenigen Tagen als nichtig herausgestellt. Die Boote legen weiter massenhaft von der tunesischen Hafenstadt Sfax ab. Außerdem verpflichtet sich die nordafrikanische Regierung darin, tunesische Staatsbürger wieder aufzunehmen. Tatsächlich ist aber nur ein geringer Teil der Bootsinsassen Tunesier: Die meisten kommen aus anderen Staaten und werden auch in Tunesien aufgrund ihrer Hautfarbe verfolgt.

Doch was macht man mit den vielen unbegleiteten Minderjährigen, die man nicht einfach wegsperren kann? Da will man mit medizinischen Untersuchungen das tatsächliche Alter ermitteln und so die Fallzahlen.

Und wie steht es um die europäische Solidarität? Frankreichs Regierung hat gerade beschlossen, Soldaten an die Grenze mit Italien zu schicken, um dort Flüchtlinge abzuweisen.

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