- Wissen
- Landmanagement der Aborigines
Mit gelegtem Feuer gegen Buschfeuer
Indigene Ranger nutzen altes Wissen zur Prävention unkontrollierter Flächenbrände
Australiens Aborigines leben seit Jahrtausenden mit Buschfeuern und wissen, diese zum Wohl der Natur einzusetzen. Um das Land auf den anstehenden Sommer auf der Südhalbkugel vorzubereiten, bekämpfen indigene Ranger Feuer mit Feuer. Ein Ansatz, von dem auch Europa und Nordamerika lernen könnten.
Im trockenen Zentrum Australiens hat die Feuersaison bereits begonnen und das, obwohl auf dem fünften Kontinent gerade erst der Winter zu Ende gegangen ist. Etwa die Hälfte des Tjoritja-West-MacDonnell-Nationalparks westlich von Alice Springs ist in diesem Jahr bereits abgebrannt. Auch im Rest des Landes fürchtet man die neue Feuersaison. Denn auf die verheerenden Brände 2019/20 folgten dank dreier aufeinanderfolgender La-Niña-Phasen niederschlagsreiche Jahre. In dieser Zeit sind sowohl das Buschland als auch das Gras üppig nachgewachsen. All dies liefert nun eine Menge Treibstoff für neue Feuer.
Im Norden des Kontinents hat sich vor allem das Büffelgras (Cenchrus ciliaris) ausgebreitet, ein invasives Gras, das in den ariden Gebieten im Landesinneren oftmals große Schäden anrichtet. Verdörrt dieses Gras in der Trockenzeit, so reicht ein Funke, um großflächige, massive Feuer auszulösen.
Gefährliche Brandsaison erwartet
»Diese Brände werden oft nicht besonders beachtet, da fast alle Australier in Küstennähe leben«, schreiben Rohan Fisher, ein Forscher der Charles Darwin University, und Boyd Elston, Direktor der Indigenous Desert Alliance, in einem Beitrag für das akademische Magazin »The Conversation«. Im Jahr 2011 hätten beispielsweise über 400 000 Quadratkilometer gebrannt, eine Fläche größer als Deutschland. Dieses Jahr sei potenziell noch gefährlicher: »Die Feuerwehr warnt davor, dass in dieser Brandsaison bis zu 80 Prozent des Northern Territory brennen könnten«, berichten die beiden Experten.
Aus diesem Grund haben Dutzende indigener Rangergruppen eine Art Generalstabsplan erarbeitet. Sie brennen derzeit in zwölf indigenen Schutzgebieten Gras und Buschland zurück, um die Brandlast zu reduzieren, bevor die Sommerhitze einsetzt. Bisher haben die Indigenen auf 23 000 Quadratkilometern in den Wüsten Great Sandy, Tanami, Gibson und Great Victoria Feuer mit Feuer bekämpft. Dies mag sich zunächst absurd anhören, doch das Ziel ist, das Land vor den verheerenden Buschbränden im Sommer zu schützen, die normalerweise deutlich zerstörerischer sind. »Feuer ist normalerweise gesund für das Land«, erklärt Fisher. Denn viele Pflanzen im australischen Busch brauchen die Hitze oder den Rauch eines Feuers, um sich zu vermehren. Feuer gehöre deswegen zu gutem Landmanagement dazu. Die Aborigines hätten dieses Wissen über Generationen weitergegeben.
Mit Bränden ein Mosaik malen
Einfach ist die Aufgabe der Ranger allerdings nicht. »Das Ganze ist harte Arbeit bei 40 Grad Hitze«, so Fisher. Zudem sind viele der Gebiete extrem abgelegen. Oftmals gibt es keine oder nur sehr eingeschränkte Straßenanbindungen. Die Ranger müssen deswegen teilweise mit Hubschraubern und Flugzeugen arbeiten. Auch Satellitentechnologie kommt zum Einsatz, um Gebiete zu kartographieren. Allein in diesem Jahr haben die Ranger bereits fast 450 Stunden in der Luft verbracht, annähernd 60 000 Kilometer zurückgelegt und knapp 300 000 Brandsätze abgeworfen.
Bei den kontrollierten Bränden achten die Ranger darauf, dass das Feuer die Gräser abbrennt und sich dabei über den Boden bewegt, ohne zu intensiv zu werden. »Kühles Feuer«, nennt Gareth Catt das, einer der Projektmanager bei der Indigenous Desert Alliance, die die Rangergruppen koordiniert. Diese kleinen Feuer würden in den kühlen und feuchteren Wintermonaten meist selbst über Nacht wieder ausgehen oder wenn sie an eine Barriere stoßen. Mit den vielen kleineren Bränden erzeugen die Ranger eine Art Mosaik aus Vegetation in verschiedenen Erholungsstadien. Auf diese Weise gibt es stets nach wie vor unverbrannte Vegetation, die ein sicherer Zufluchtsort für Wildtiere und Pflanzen ist, und Bereiche, in denen die Vegetation schon wieder frisch nachwächst und »damit besonders wertvolle Nahrung für die Tierwelt bereitstellt«, wie Catt erklärt.
Schutz für Wüstentiere
Vor allem kulturelle Stätten und bedrohte Arten wie Nachtpapageien, Wüstenskinke und Bilbys – hasengroße Beuteltiere – sollen auf diese Weise geschützt werden. In den letzten 250 Jahren sind bereits 60 Prozent der Wüstensäugetierarten ausgestorben. Die Feuerprojekte würden aber nicht nur dem Land und der Tierwelt helfen, wie Fisher in seinem akademischen Text schrieb. Auch die sogenannten »Traditional Owners« des Landes, also die indigenen Völker der jeweiligen Region, hätten so die Möglichkeit, »abgelegene Ländereien kennenzulernen, Kultur zu praktizieren und Wissen an jüngere Generationen weiterzugeben«.
Laut Catt können auch Europa, Kanada und die USA von dem Wissen der australischen Indigenen lernen, das diese über Jahrtausende angesammelt haben. Die Aboriginal People hätten eine sehr enge Verbindung zum Land und würden geradezu »eine Verpflichtung fühlen«, sich um ihre Stammesgebiete zu kümmern. Er habe von ihnen gelernt, dass Feuer »ein Teil der Natur« sei und positiv genutzt werden könne, bevor es – ohne Landmanagement – zerstörerisch würde.
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