NS-Erinnerung: Bund gibt Geld für Gedenkort im Harz

In Bad Sachsa soll an »Kinder des 20. Juli« erinnert werden

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.
Ein Gedenken an Graf von Stauffenberg, der ein Attentat auf Adolf Hitler geplant hatte, gibt es im Stuttgarter Landesmuseum Württemberg. Eines für die Kinder der damaligen Attentäter entsteht nun in Bad Sachsa im Harz.
Ein Gedenken an Graf von Stauffenberg, der ein Attentat auf Adolf Hitler geplant hatte, gibt es im Stuttgarter Landesmuseum Württemberg. Eines für die Kinder der damaligen Attentäter entsteht nun in Bad Sachsa im Harz.

Ein neuer Gedenkort für Menschen, die sich gegen das Hitler-Regime stellten, kann und wird in Bad Sachsa entstehen. Denn kürzlich sagte der Bund die finanzielle Förderung für die Schaffung eines Erinnerungszentrums »Kinder des 20. Juli« in der Stadt im Südharz zu. Geplant seien ein Museum und eine Gedenkstätte mit einem »Platz der Erinnerung«, einem »Baum der Hoffnung« und einem Buchladen, sagt Bad Sachsas Bürgermeister Daniel Quade (FDP). Eine 2016 geschaffene Dauerausstellung im Kurhaus soll zudem erneuert und erweitert werden.

Der Hintergrund: In den letzten Julitagen des Jahres 1944 wird das Kinderheim »Bremen« der »Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt« im Borntal bei Bad Sachsa auf Weisung des Reichssicherheitshauptamts überstürzt geräumt. 200 Kinder und Jugendliche sowie einige Dutzend Schwesternschülerinnen müssen die Gebäude verlassen. Darin soll Platz für die Kinder der Männer geschaffen werden, die nach dem Scheitern ihres Attentats auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 inhaftiert oder hingerichtet worden waren.

Ab Mitte August treffen die ersten Kinder in Bornstedt ein. Insgesamt werden dort, nach Alter und Geschlecht getrennt, 46 Mädchen und Jungen festgehalten. Nach ihrer Ankunft müssen sie alle persönlichen Erinnerungsstücke, Fotos von Eltern und Geschwistern oder Briefe abgeben. Sie erhalten neue Familiennamen, die jüngsten auch neue Vornamen. »Es war schrecklich, wie geheim wir gehalten wurden, keinen Schritt alleine vor die Tür, ja mit niemandem reden und um Gottes Willen nichts über Namen und Herkunft verlauten lassen«, schrieb die in Bad Sachsa internierte Christa von Hofacker in ihr Tagebuch.

Im Oktober 1944 werden viele der »Sippenhäftlinge« überraschend entlassen: Die Kinder freigelassener Mütter können zu ihren Familien zurückkehren. Für die übrigen werden die Regeln etwas gelockert.

Ende Januar 1945 beschlagnahmt dann die Wehrmacht fast alle Gebäude des Kinderheims und funktioniert sie zu einem Stabsquartier um. Heimleiterin Elsa Verch soll die verbliebenen 18 Kinder ins KZ Buchenwald bringen, in dem noch Mütter und Verwandte interniert sind. Doch als der Lastwagen Bad Sachsa verlässt, starten die Alliierten einen Luftangriff auf das nahe Nordhausen. Der Lkw muss umkehren und bringt die verängstigten Kinder nach Bad Sachsa zurück.

Am 12. April 1945 besetzten Einheiten der US-Armee Bad Sachsa. Sie setzten den Sozialdemokraten Willi Müller als kommissarischen Bürgermeister ein. In seiner ersten Amtshandlung stellte er die Kinder unter seinen persönlichen Schutz. Sie erhielten ihre echten Namen zurück und wurden offiziell in der Stadt angemeldet. Die meisten konnten aber erst im Sommer oder Herbst 1945 zu ihren Müttern zurückkehren.

Der Bund gebe rund 1,1 Millionen Euro, die aus dem Bundesprogramm »Kultur Invest 2023« kommen, berichtet Bürgermeister Quade. Dem Vergessen entgegenzuwirken, sei »gerade in diesen Zeiten wichtiger denn je«, betont er. Die Bundesmittel decken allerdings nur die Hälfte der anfallenden Kosten. Der Rathauschef hofft deshalb auf Zusagen weiterer Fördermittel durch die niedersächsische Landesregierung.

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