Tel Aviv will die Aussöhnung mit dem Königreich Saudi-Arabien

Die Palästinenser müssen fürchten, bei den israelisch-saudischen Verhandlungen vergessen zu werden – trotz gegenteiliger Versicherungen

  • Cyrus Salimi-Asl
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Präsident Palästinas, Mahmud Abbas, spricht bei der diesjährigen Generaldebatte der UN-Generalversammlung in New York City und wirbt für die Zwei-Staaten-Lösung.
Der Präsident Palästinas, Mahmud Abbas, spricht bei der diesjährigen Generaldebatte der UN-Generalversammlung in New York City und wirbt für die Zwei-Staaten-Lösung.

In Israel wird an diesem Freitag des vor 50 Jahren begonnenen sogenannten Jom-Kippur-Kriegs gedacht; die Araber nennen ihn Oktoberkrieg. Er begann am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, am 6. Oktober 1973, durch einen Überfall einer Allianz arabischer Staaten, angeführt von Ägypten und Syrien. Israel war nicht vorbereitet auf den Angriff, sodass über 2600 israelische Soldaten getötet und mehr als 7000 verletzt wurden. Letztlich konnte Israel den 19-tägigen Krieg militärisch noch zu seinen Gunsten drehen. Die Frage, ob er überhaupt hätte verhindert werden können, beschäftigt die Menschen in Israel noch immer. Laut dem israelischen Experten Ejal Zisser von der Universität Tel Aviv hat der Jom-Kippur-Krieg die Verletzlichkeit des damals noch jungen Landes aufgezeigt.

Israel ist zwar weiterhin von potenziellen Feinden und ehemaligen Kriegsgegnern umgeben, doch hat sich die regionalpolitische Lage grundlegend geändert: Nach den Friedensverträgen mit Ägypten und Jordanien hat Israel 2020 mit den sogenannten Abrahams-Abkommen seine Beziehungen zu den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), Bahrain, Marokko und dem Sudan normalisiert. Und will nun mit einem Deal mit Saudi-Arabien den Durchbruch schaffen, denn Riad hat Gewicht in der Arabischen Liga. Auf diese Weise könnte auch eine Lösung des Konflikts mit den Palästinensern bis in alle Ewigkeit geschoben werden.

Dem will Saudi-Arabien anscheinend vorbeugen. Riads Botschafter für die palästinensischen Gebiete ist kürzlich erstmals seit seiner Ernennung ins Westjordanland gereist. Berichten zufolge ist es das erste Mal seit Jahrzehnten, dass ein offizieller saudischer Vertreter die palästinensischen Gebiete besucht. Al-Sudairi ist auch saudischer Botschafter in Jordanien und übernimmt das Amt von seinem Dienstsitz in Amman aus. Das sagt viel darüber aus, welche Priorität die Palästinafrage bei den Saudis hat.

Ungeklärt ist weiterhin, welche Zugeständnisse Riad der israelischen Regierung abringen kann zugunsten der Palästinenser. Und da sind viele Fragen offen: die Grenzen des zukünftigen palästinensischen Staats, Ost-Jerusalem als palästinensische Hauptstadt, die illegalen Siedlungen im besetzten Westjordanland.

Für Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ist die Sache klar: »Wer glaubt, dass im Nahen Osten Frieden herrschen kann, ohne dass das palästinensische Volk alle seine legitimen nationalen Rechte erhält, der irrt sich«, erklärte er kürzlich bei der Generaldebatte der UN-Vollversammlung in New York. Abbas muss wohl ahnen, dass Riad und Tel Aviv indirekt auch über die Zukunft Palästinas sprechen, ohne die Palästinenser einzubeziehen.

Palästinenserpräsident Abbaus forderte daher UN-Generalsekretär António Guterres auf, eine internationale Konferenz zur Schaffung eines palästinensischen Staates einzuberufen. Ein solches Treffen »könnte die letzte Gelegenheit sein, die Zwei-Staaten-Lösung zu retten und zu verhindern, dass sich die Situation weiter verschlechtert und die Sicherheit und Stabilität unserer Region und der ganzen Welt bedroht«, sagte Abbas. Die Erfahrung mit den sogenannten Abrahams-Abkommen von 2020 hat gezeigt, dass für die Palästinenser nichts dabei herausgesprungen ist. Es hängt vor allem von den Saudis ab, ob es auch diesmal so sein wird.

Ob es überhaupt jemals ein Abkommen geben wird, hängt auch entscheidend von der innenpolitischen Entwicklung in Israel ab. Ministerpräsident Netanjahu drückt aufs Tempo. Die Amerikaner sondieren seit Monaten die Möglichkeit, zentristische Kräfte in Netanjahus Hardliner-Koalition einzubinden. Oppositionsführer Jair Lapid, Chef von Jesch Atid, hat bereits mit einem klaren »Nein« auf Vorschläge reagiert, einer Netanjahu-Regierung beizutreten. Er hat sich auch entschieden gegen die Forderung der Saudis nach Urananreicherung auf saudischem Boden ausgesprochen, die Netanjahu anscheinend zu akzeptieren bereit ist. Mit Agenturen

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