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Berlin: Kürzungen in der Demokratie-Bildung abgewendet

Erfolgreicher Protest: Abgeordnete nehmen Kürzungen im Haushaltsentwurf zurück

Der Haushaltsentwurf für 2024 und 2025 wird seit Monaten in Berlin heiß diskutiert. Denn obwohl insgesamt keine großen Kürzungen und Einsparmaßnahmen vorgesehen sind, müssen durch Verschiebungen in der Finanzplanung zahlreiche geförderte soziale Projekte um die Weiterführung ihrer Arbeit bangen. So zum Beispiel die von der Bildungssenatsverwaltung finanzierten Projekte im Bereich der Demokratiebildung und Gewaltprävention, was vor allem queere und diskriminierungssensible Projekte betrifft. Deshalb versammelten sich am Donnerstagmorgen etwa 50 Protestierende vor dem Abgeordnetenhaus, um vor deren Plenum an die Abgeordneten zu appellieren, die Kürzungen zurückzunehmen.

Mit Erfolg: »Die Kürzungsvorschläge im Haushaltsentwurf in diesem Bereich machen wir rückgängig«, sagt Marcel Hopp, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, vor der Plenarsitzung auf der Kundgebung. Man habe nach der Anhörung der Fachverbände eingesehen, dass die Kürzungen der Projektmittel falsch wären.

»Wenigstens gab es jetzt positive Nachrichten. Aber es wäre schön, wenn wir nicht immer wieder zuerst als Zivilgesellschaft laut werden müssten«, sagt Guiseppina Lettiere vom Projekt »Queer History Month« (»Monat der queeren Geschichte«) zu »nd«. Es sei gruselig und zermürbend, zu jeder Haushaltsverhandlung aufs Neue um die eigene Existenz kämpfen zu müssen. »Das führt auch dazu, dass weniger Leute bei den Projekten mitmachen wollen.«

Dem stimmt Kjell Seeger vom Projekt »Queer at School« zu. Auf der Kundgebung vor dem Abgeordnetenhaus sagt Seeger, dass das queere Bildungsprojekt in den letzten drei Jahren über 400 Anfragen von Schulen bekommen habe, aber nur einen Bruchteil davon wahrnehmen könne, etwa 25 Workshops im Jahr. »Mehr können wir mit den Mitteln und der ehrenamtlichen Arbeit nicht stemmen.«

Der Bedarf an queerer und diskriminierungssensibler Bildungsarbeit sei aber groß. Die Zahlen von Vorfällen queerfeindlicher Gewalt steigen an. Die queeren Bildungsprojekte arbeiteten bereits jetzt in einem Netzwerk zusammen, um Anfragen untereinander zu vermitteln. »Wenn bei uns jetzt noch gekürzt wird, dann ist Queerfeindlichkeit an den Schulen gar nicht mehr aufzuhalten«, sagt Seeger. Es sei besonders beunruhigend, dass so viele queere Projekte von den Kürzungen im Haushaltsentwurf betroffen seien. »Wir stehen jedes Mal bei den Verhandlungen erneut auf der Kippe.« Wenn die Mittel für »Queer at School« so, wie zunächst vorgeschlagen, gekürzt würden, dann wisse Seeger nicht, ob und wie das Projekt in Zukunft weiterarbeiten könne.

Neben den queeren Projekten betreffen die Kürzungen im aktuellen Haushaltsentwurf zum Beispiel auch die Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen: BIG Prävention. Anne Thiemann aus dem Bereich der Präventionsarbeit erklärt, dass das Projekt wichtige Arbeit an den Schulen leiste. »Kinder sind Betroffene häuslicher Gewalt und brauchen Unterstützung«. BIG Prävention wisse aus 50-jähriger Erfahrung, dass Kinder Klarheit und Ansprechpartner*innen zum Thema häusliche Gewalt brauchen.

Thiemann fordert nicht nur die Rücknahme der Kürzungen, sondern auch, dass das Thema verbindlich in die Ausbildung von Lehrpersonal und Sozialarbeiter*innen aufgenommen wird. »Alle, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, müssen wissen, wie sie Betroffene von häuslicher Gewalt unterstützen.« Nur so könne die Istanbul-Konvention tatsächlich umgesetzt und häusliche Gewalt letztendlich abgeschafft werden. »Das ist unsere Vision.«

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