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DFB-Team: Zehn Tage Crashkurs mit Julian Nagelsmann in den USA

Der neue Bundestrainer will eine neue Grundstruktur schaffen und gute Länderspiele zeigen

  • Frank Hellmann, Frankfurt am Main
  • Lesedauer: 4 Min.
Julian Nagelsmann musste als Bundestrainer bislang nur viel reden und erklären.
Julian Nagelsmann musste als Bundestrainer bislang nur viel reden und erklären.

Den ihm zugedachten Platz auf dem roten Teppich vor dem Hotel am Frankfurter Flughafen betrat Julian Nagelsmann zielsicher. Der neue Bundestrainer mit der besonderen rhetorischen Begabung wusste natürlich, was vor seiner ersten Dienstreise mit der deutschen Nationalmannschaft noch einmal unterstrichen werden sollte: die Bedenken der Klubs an dem zehntätigen Trip in die USA zwar ernst nehmen, aber eben auch auf seinen übergeordneten Auftrag hinweisen, wenn die DFB-Auswahl jetzt mitten in der herbstlichen Hochbelastungsphase für Länderspiele gegen die USA am Sonnabend in Hartford und vier Tage später gegen Mexiko in Philadelphia über den Atlantik jettet.

»Aus Vereinstrainersicht, da braucht man nicht rumzulügen, ist es relativ normal, dass man der Reise kritisch gegenübersteht«, bekundete der 36-Jährige. »Das würde ich wahrscheinlich genauso sagen, wenn ich noch im Verein wäre.« Andererseits rückt acht Monate vor der Heim-EM 2024 eben auch das große Ganze beim DFB ins Blickfeld: »Wir haben alle eine große Verantwortung, die wir auch spüren, den besten Fußball für Deutschland zu spielen. Demnach sollten wir die Zeit nutzen.« Für Nagelsmann ist es »atmosphärisch eine Art Trainingslager« – und gut, »weil man im positiven Sinne aufeinander hängt«. Und er kann es kaum erwarten, in Foxborough auf dem Trainingskomplex der Footballer der New England Patriots und der Fußballer der New England Revolution wieder einer Tätigkeit nachzugehen. Auch wenn ihm einige Monate Auszeit gut getan hätten, freue er sich »extrem, mit der Mannschaft zu arbeiten, wieder auf dem Platz zu stehen«.

So wie ein Bundesligacoach in der Vorbereitung ein Team mit neuen Inhalten bespielen kann, möchte Nagelsmann im Bundestaat Massachusetts einen hoffentlich verlässlicheren Beziehungsstatus als sein Vorgänger Hansi Flick zu den DFB-Stars aufbauen. Aus Sicht des zwölften Bundestrainers der Historie ist es gar nicht schlecht, dass das mediale Brennglas in Übersee nicht ganz so scharf gestellt wird. »Ich versuche gar nicht, so viel von außen an mich ranzulassen, mich nicht triggern zu lassen von medialen Geschichten«, versicherte der tiefenentspannt wirkende Schnellredner.

Seine Lehre fordert von seinen 26 nominierten Fußballern im DFB-Kader die nächsten Tage vermutlich viel Aufmerksamkeit, wobei Kai Havertz wegen einer Zahn-OP erst am Mittwoch nachreist. »Wir versuchen schnellstmöglich die Inhalte rüberzubringen, um mal die erste Grundstruktur zu schaffen. Wir werden aber sicher die anderen Länderspiele noch brauchen, um uns weiterzuentwickeln.« Im November folgen noch die Duelle gegen die Türkei in Berlin und gegen Österreich in Wien. Die Zeit bis zur EM vergeht gerade für einen Nationalcoach wie im Fluge.

Die Einwände gegen die noch vom ehemaligen DFB-Direktor Oliver Bierhoff vorbereitete vierte USA-Reise nach 1993, 1999 und 2013 müssen vor diesem Hintergrund zurückstehen. Die Mannschaft solle schnell »stabil« werden und am besten auch zwei »gute Länderspiele« machen. Über seine konkrete Spielphilosophie wollte der Fußballlehrer aus Landsberg am Lech noch keine Angaben machen, dessen Entlassung beim FC Bayern im Frühjahr der mächtige Ehrenpräsident Uli Hoeneß vor kurzem als »nicht unbedingt klug« bezeichnet hat.

Die Nagelsmann bestens bekannte Münchner Fraktion kam übrigens am Montagmorgen als letztes zum Treffpunkt: Leon Goretzka schlenderte in gemächlichen Schritten, Leroy Sané in lässiger Lederkluft und Thomas Müller mit breitem Grinsen zum Eingang, vor dem eine Handvoll Autogrammjäger nicht vergeblich auf Unterschriften wartete. Nur Mats Hummels hatte es eiliger, der sich gleich in einen Drogeriemarkt eine Etage tiefer begab. Der Weltmeister habe ein »paar Wehwehchen« vom Wochenende mitgebracht, verriet der Bundestrainer: »Mats sucht im Spiel sehr die Zweikämpfe, kriegt da Schläge ab.« Nichtsdestotrotz ist der 34 Jahre alte Rückkehrer von Borussia Dortmund fast schon mit einer Einsatzgarantie für seine Premiere ausgestattet. »Wir brauchen Spieler, die Verantwortung übernehmen. Er hat viel Lust, wieder eine tragende Rolle zu spielen, wieder für den DFB zu spielen.«

Nagelsmann kündigte bei dem kurzen Pressetalk an, in der zweiten Woche Rücksicht auf die BVB-Delegation zu nehmen, die nur 40 Stunden nach der Rückkehr aus den USA das Freitagsspiel in der Bundesliga gegen Werder Bremen bestreitet. Das sei durchaus in seinem Hinterkopf, doch auch gegen Mexiko solle »eine sehr gute Mannschaft« auf dem Platz stehen. Wenn er jetzt schon sagen würde, »es spielt kein Dortmunder im zweiten Spiel«, dann würde es hinterher heißen, er habe »gelogen«, wenn sich »sieben andere Spieler« verletzt hätten. Das war indes bloß ein flapsiger Spruch. Nagelsmanns Botschaft zum Abflug lautete: »Die Spieler sollen maximal fit und gesund zurückkommen.«

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