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Bayern zwischen rechts und ganz rechts

Früher war Bayern CSU-Bastion – nun konkurrieren AfD und Freie Wähler um Teile ihres Milieus

  • Rudolf Stumberger
  • Lesedauer: 4 Min.

Der Montag nach der bayerischen Landtagswahl ist geprägt von gnadenloser Ernüchterung. Die beiden Parteien, die vor allem mit sozialen Themen in den Wahlkampf gingen, sind abgestürzt. Die bayerische SPD sackte auf ein erneutes historisches Tief ab, nur noch 8,4 Prozent der Wähler gaben der Partei ihre Stimme, ein Verlust von 1,3 Prozent gegenüber der Landtagswahl 2018. Ihr Spitzenkandidat Florian von Brunn hatte 15 Prozent als Wahlziel ausgegeben, was weit verfehlt wurde. Als Ursache nannte von Brunn, man sei mit den eigenen Themen im Wahlkampf nicht durchgekommen; gleichwohl will er bayerischer SPD-Vorsitzender bleiben.

Auch die bayerische Linkspartei konnte von ihren Themen wie Wohnungsnot oder Lohngleichheit für Frauen und Männer nicht profitieren. Statt den von der Landessprecherin Adelheid Rupp angepeilten Einzug in das Maximilianeum zu schaffen, stürzte die Partei in die Bedeutungslosigkeit. Von den 3,2 Prozent bei der Landtagswahl von 2018 blieben nur noch 1,5 Prozent – ein Verlust von 1,7 Prozent. Man werde weiter außerparlamentarische Opposition sein, hieß es noch am Wahlabend.

Noch wenige Tage vor der Landtagswahl waren in München zu einer Kundgebung unter dem Motto »Zammreißen – Bayern gegen rechts« an die 35 000 Teilnehmer gekommen. Freilich vergebens, betrachtet man jedenfalls die Zuwächse bei Freien Wählern und AfD. Die CSU kam laut dem vorläufigen Endergebnis der Wahl auf 37 Prozent und musste so eine kleine Einbuße von 0,2 Prozent gegenüber 2018 hinnehmen. Damit sind die Zeiten, als die Christsozialen als großer, schwarzer Koloss unangefochten in der bayerischen Parteienlandschaft standen, vorbei. Ihr Wählerpotenzial – das konservative bis rechte bürgerliche Lager – hat sich ausdifferenziert. So verbuchen die Freien Wähler einen Zuwachs von 4,2 Prozent der Stimmen und kommen auf 15,8 Prozent, sie sind zweitstärkste Kraft nach der CSU geworden und haben erstmals zwei Direktmandate erobert.

Dabei hat die Flugblattaffäre um den Chef der Freien Wähler Hubert Aiwanger Spitzenkandidat und Partei nicht geschadet, im Gegenteil. Symptomatisch hierfür ist der Wechsel von zwei SPD-Mitgliedern im Stadtrat von Rottenburg, der Heimatstadt Aiwangers, zu den Freien Wählern. Als Begründung wurde der generelle politischen Umgang der SPD mit Aiwanger in der Flugblatt-Affäre angegeben. Die Menschen hätten die Affäre als Diffamierungskampagne gewertet, was die Freien Wähler gestärkt habe, so das Urteil des Politologen Werner Weidenfeld, Professor für Politische Wissenschaft an der LMU München.

Der Sieger dieser Landtagswahl, gemessen an Zuwächsen, ist klar die AfD. Sie gewann 4,4 Prozent an Wählerstimmen hinzu und kam auf 14,6 Prozent. Dabei ist diese Partei in Bayern sowohl Phänomen als auch Phantom: Niemand kennt ihre Spitzenkandidaten, die Partei hat kein Gesicht, ihre Präsenz im Landtag blieb weitgehend unsichtbar, jedenfalls bis auf Ordnungsrufe. Sie ist nun stärkste Oppositionspartei im Maximilianeum und hat zum Beispiel das Recht, die erste Gegenrede im Landesparlament zu halten – das erhöht natürlich die Sichtbarkeit. Außerdem fordert die AfD nun einen Vizepräsidenten im Landtag. Ihre Wähler stammen vor allem aus dem ländlichen Raum, Arbeiter sind unter ihnen mit 31 Prozent am häufigsten vertreten. Sie stellen so den Gegenpol zu den Wählerinnen und Wählern der Grünen dar, die meist in den Städten leben und über eine höhere Bildung verfügen. Die Partei kam auf 14,4 Prozent der Stimmen, was einen Rückgang von 3,2 Prozent gegenüber 2018 bedeutet. Ihre höchsten Stimmenanteile erreichten die Grünen mit 44 Prozent in München-Mitte.

Mit der Landtagswahl in Bayern haben sich die politischen Gewichte und ideologischen Lager verschoben. Was früher an rechten Potenzialen in der CSU gebunden war, nimmt nun in eigenen Parteien Gestalt an. Die Grünen stellen mit der CSU die bürgerliche Mitte dar, während die politischen Positionen links davon massiv erodieren. Die Landtagswahl, soviel ist klar, war vor allem von bundespolitischen Themen geprägt und das Wahlergebnis zeigt ein sozioökonomisches Spannungsfeld zwischen urbanen Wählerschichten mit höherer Bildung und den Wählern, vor allem Arbeitern, im ländlichen Raum.

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