Opposition in Polen nach Wahl mit Mehrheit im Parlament

Rechte PiS mit 36,8 Prozent der Stimmen vorn / Opposition um Donald Tusk mit Mehrheit im Nationalparlament

  • Lesedauer: 2 Min.

Warschau. Nach der Parlamentswahl in Polen bleiben die Nationalkonservativen laut Prognosen stärkste politische Kraft, dennoch könnten drei Oppositionsparteien die neue Regierung bilden. Die rechte Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki kam auf 36,8 Prozent der Stimmen, wie es am Montagmorgen hieß. Zweitstärkste Kraft mit 31,6 Prozent wurde demnach die oppositionelle liberalkonservative Bürgerkoalition des ehemaligen Ministerpräsidenten und früheren EU-Ratspräsidenten Donald Tusk.

Ein möglicher Machtwechsel in Warschau würde auch eine Wende in der polnischen Außenpolitik bringen. Die nationalkonservative PiS liegt wegen einer Justizreform im Dauerclinch mit Brüssel, das Verhältnis zu Berlin befindet sich wegen ihrer Forderungen nach Weltkriegsreparationen in Höhe von 1,3 Billionen Euro auf einem Tiefpunkt. Die drei Oppositionsparteien, die sich unter der Ägide von Tusk zusammentun könnten, stehen für einen proeuropäischen Kurs und eine versöhnlichere Politik gegenüber Deutschland.

In den Prognosen wurden der PiS 200 Sitze im neuen Parlament vorhergesagt. Die Mehrheit liegt bei 231 der 460 Mandate. Als Koalitionspartner kommt nur die ultrarechte Konfederacja infrage, mit der es laut Prognosen aber ebenfalls nicht für eine Regierungsmehrheit reicht. Das endgültige Wahlergebnis steht wohl erst am Dienstag fest.

Die oppositionelle Bürgerkoalition (KO) käme laut Prognosen auf 163 Mandate. Sie könnte mit dem christlich-konservativen Dritten Weg (13 Prozent) und dem Linksbündnis Lewica (8,6 Prozent) eine Koalition bilden. Das Dreierbündnis käme auf 248 Abgeordnete und hätte eine Mehrheit im Parlament.

Oppositionsführer Donald Tusk sah sich am Abend daher schon als Sieger: »Ich habe mich noch nie so sehr über den zweiten Platz gefreut. Polen hat gewonnen, die Demokratie hat gewonnen, das ist das Ende der PiS-Regierung«, sagte er am Wahlabend. PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski erklärte, man warte auf den weiteren Verlauf der Ereignisse.

In den Online-Netzwerken hat Tusk die PiS im Wahlkampf hart angegriffen – vor allem wegen der zweistelligen Inflation, der Verschärfung des Abtreibungsrechts und zuletzt wegen einer Affäre um illegal vergebene Visa. Profitieren konnte Tusk auch von einer Krise in der Armee, die wenige Tage vor der Wahl durch den Rücktritt zweier ranghoher Militärs ausgelöst wurde.

Das Kräfteverhältnis im Parlament kann sich noch durch Nuancen von wenigen Prozentpunkten für kleinere Parteien verschieben. Erwartet wird eine langwierige Regierungsbildung. Agenturen/nd

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