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Eierlegen bis zur Menopause?
Hühner sind weitgereiste Haustiere, heutzutage allerdings auch ausgesprochen kurzlebig
Steffen, eine kleine Runde von Kolleg*innen mit solidem Halbwissen ist der Meinung, ein Huhn muss nicht befruchtet werden, um Eier zu legen. Stimmt das?
Das ist korrekt. Hühner sind Vögel, und die kamen ja entwicklungsgeschichtlich gleich nach den Sauriern, und wie bei den Echsen werden die Eier gelegt, aber nur die befruchteten bringen Nachkommen.
Setzen sich Hühner demnach auch auf unbefruchtete Eier?
Das habe ich noch nicht gelesen, und bei den Legehühnern wird ohnehin alles dafür getan, dass sie gar nicht erst auf die Idee kommen, brüten zu wollen.
Eierlegen ist also so was wie der sichtbare Zyklus der Hennen.
So könnte man das sagen.
Als Universalgelehrter der nd.Redaktion weiß der Wissenschaftsjournalist Dr. Steffen Schmidt auf fast jede Frage eine Antwort – und wenn doch nicht, beantwortet er eben eine andere. Alle Folgen zum Nachhören auf: dasnd.de/schmidt
Und der geht von der Pubertät bis zur Menopause?
Die Menopause ist eher eine späte Entwicklung in der Evolution gewesen. Für die Arterhaltung ist das einzelne Individuum nur nützlich, solange es sich fortpflanzen kann. Erst bei Primaten und Walen kommt eine Großelterngeneration vor, die im Gruppenverband eine Rolle spielt. Hühner kommen in der Regel zu Tode, bevor sie aufhören, Eier zu legen. Und das auch in der freien Wildbahn.
Wo ist die eigentlich?
Die Vorfahren unserer Haushühner lebten vermutlich in Südostasien und sind erst spät nach Europa gekommen. Im antiken Zweistromland hat man schon Rinder gehalten und Schafe, aber noch kein Huhn. Heute ist es das häufigste Nutztier überhaupt.
Ist denn die Zahl der Eier, die ein Huhn legen kann, begrenzt, so wie die Eizellen im weiblichen Eierstock beim Menschen?
Im Prinzip ja, aber offenbar lässt sich diese Begrenzung austricksen, wenn man künstlich die Mauser herbeiführt. Dadurch erneuern sich nicht nur die Federn, sondern auch ein Teil der Reproduktionsorgane.
Was ist letztlich entscheidend dafür, dass ein Huhn fast täglich ein Ei legt? Dass man ihm jeden Tag eins wegnimmt?
Das ist der entscheidende Punkt, ja.
Je mehr es legt, desto früher ist dann das natürliche Reservoir erschöpft?
Das sehe ich auch so. In den Legebatterien der industriellen Landwirtschaft ... Da fällt mir gerade ein, als das in der DDR anfing, tauchte auf den Ei-Verpackungen die Abkürzung »KIM« auf, Kombinat Industrielle Mast. Deutlicher kann man eigentlich nicht sagen, was das Ganze tut. Heute findet man idyllische Namen wie »Wiesenhof«. Zwar ist inzwischen die Käfighaltung in der EU für den direkten Eierverkauf weitgehend weg, aber wenn großküchenmäßig Vollei eingekauft wird, ist nicht so klar, wo das herkommt.
Da will man nicht drüber nachdenken.
Ja, so ist das mit der Ernährung. Übrigens sind unsere entwicklungsgeschichtlichen Vorfahren, die anderen Primaten, auch schon Eiräuber gewesen. Sogar die niedlichen Eichhörnchen sind Nesträuber.
Und die Legehennen werden also einerseits gezüchtet, andererseits auch aufs Legen trainiert?
Trainiert eher nicht. Es ist schon die Zucht, die die Hühner »optimiert« hat. Deswegen werden ja die männlichen Küken auf unfreundliche Art abgemurkst. Die Hühnerrassen, die viele Eier legen, deren Hähnchen sind nicht unbedingt gut im Fleischansatz. Es gibt inzwischen Versuche, Hochleistungsrassen zu züchten, die beides gut können. Vermutlich konnten das einige alte Hühnerrassen schon früher, aber die haben halt nicht so viele Eier gelegt und nicht ganz so schnell Fleisch angesetzt.
Bleibt natürlich noch die Frage: Was war zuerst da – Huhn oder Ei?
Das Ei wird auf jeden Fall zuerst da gewesen sein. Die interessante Frage ist, ob das, was ausgeschlüpft ist nach dem Brüten, die Henne überrascht hat oder nicht.
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