Kriegstüchtig? Friedensfähig!

Wolfgang Hübner über die Militarisierung der deutschen Politik

Es sagt einiges aus, wenn der Minister fürs Militärische der beliebteste Politiker des Landes ist. Laut ZDF-Politbarometer jedenfalls führt Boris Pistorius die Umfrageliste deutlich an, obwohl er der Dienstjüngste im Ampel-Kabinett ist. Man kann daraus etwas ablesen über die Lage in der Welt, über ihre mediale Widerspiegelung – und über die Stimmung, die im Lande herrscht.

Pistorius, der seine Ansprüche auch auf sehr viel Geld mit schneidigem Auftreten geltend macht, hat nun einen neuen Vorstoß unternommen, den man als weitere Militarisierung von Politik und Gesellschaft bezeichnen muss. Die Sprache ist erschreckend: Rückgrat der Abschreckung, Bereitschaft zum Kampf im hochintensiven Gefecht, Durchhaltefähigkeit … So spricht der angeblich beliebteste Politiker des Landes. Die Überlegungen reichen bis zur Wiedereinführung der Wehrpflicht, die vom Bundeswehrverband ins Spiel gebracht wird

Dass so etwas auf Widerhall stößt, kommt nicht von ungefähr. Das Gefühl der Verunsicherung und das Bedürfnis nach militärischer Stärke werden befördert durch das Agieren der herrschenden Politik. Auf Migration reagiert sie mit Härte, auf kriegerische Konflikte in der Welt mit massiver Aufrüstung. Dem wird alles untergeordnet; der Kanzler nennt so etwas Zeitenwende. Zwar sprach sich in einer Umfrage kürzlich eine Mehrheit für mehr Diplomatie im Ukraine-Konflikt aus; etwa die Hälfte der Befragten findet Rüstungsexporte und höhere Rüstungsausgaben falsch oder sieht sie skeptisch. Aber die stetige und sogar steigende Betonung des Militärischen hinterlässt Spuren. Deutschland müsse kriegstüchtig werden, sagt Pistorius. Auch in einer komplizierter werdenden Welt sollte doch aber die Devise heißen: Deutschland muss friedensfähig bleiben.

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