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Aus für Containersiedlungen in Lichtenberg und Treptow-Köpenick
Bewohner*innen der Containersiedlungen in Karlshorst und Grünau müssen ausziehen, die Bezirke bieten alternative Unterkünfte an
Es ist das Aus für die Wohnwagen- und Containersiedlung im Hönower Wiesenweg Karlshorst: Der Bezirk Lichtenberg kündigt die Räumung für Anfang nächster Woche an. Nach fast zwei Monaten ohne Strom auf der illegal betriebenen Wohnanlage hat der Bezirk eine Unterkunft für die noch verbliebenen Bewohner*innen gefunden, allerdings bislang nur für jene ohne Haustiere. Einige Bewohner*innen haben nun Angst vor der drohenden Obdachlosigkeit. Auch die Lichtenberger Bezirksverordnetenversammlung (BVV) sprach sich am vergangenen Donnerstag mehrheitlich gegen eine Räumung vor dem Frühling aus. Im benachbarten Bezirk Treptow-Köpenick werden die Bewohner*innen einer weiteren illegalen Containersiedlung des gleichen Eigentümers derweil vom Bezirk vorübergehend in einem Hotel und einer Pension untergebracht, geräumt werde allerdings bis Ende November nicht, sagte Bezirksstadträtin Claudia Leistner (Grüne) am Donnerstagmorgen im Pressegespräch.
»Ich war schon mal in so einem Wohnheim, ich will nicht wieder dahin«, sagt eine Bewohnerin des Trailerparks in Karlshorst zu »nd«. Sie steht auf einem kleinen Platz, der von Wohncontainern und Wohnwagen umgeben ist. Hier will sie bleiben, sagt sie. »Ich kann meine Tür zumachen, ich kann kommen und gehen, wann ich will. Ich kann kochen, ich kann Besuch haben.« All das sei in Unterkünften wie jener, die der Bezirk für die Bewohner*innen angeboten hat, oftmals schwierig. »Es gibt immer eine Hausordnung, und wenn du gegen sie verstößt, fliegst du raus.« Außerdem hätte der Großteil der noch in der Containersiedlung Verbliebenen mindestens ein Haustier, was in der Unterkunft nicht erlaubt sei. »Die Leute können dann nicht mitkommen.« Die Bewohnerin selbst zeigt auf ihr kleines Kätzchen, das gerade an einer Palette herumklettert.
Wie viele Menschen genau noch in der Siedlung wohnen, ist nicht gut abzuschätzen. Einst waren 200 Menschen hier gemeldet. Ein Bewohner sprach am Donnerstag von etwa 50 bis 100 Verbliebenen, ein anderer schätzt, es seien etwa 30. Viele unter ihnen lehnen die Räumung durch den Bezirk ab. »Die Perspektive ist Obdachlosigkeit. Das ist das, was uns hier angeboten wird«, sagt etwa Bewohner Marcel zu »nd«.
Laut Lichtenbergs Bezirksbürgermeister Martin Schaefer (CDU) ist die Unterkunft, die der Bezirk organisieren konnte, eine gute Wohnmöglichkeit. Denn es gebe 80 abschließbare Einzelzimmer, aber auch Doppelzimmer für Paare. Die Unterkunft sei ganztägig zugänglich. Die Menschen dürften dort solange bleiben, bis sie eine eigene Wohnung gefunden hätten. Der Träger Berliner Wohnforum sei darauf spezialisiert, Menschen in eigenen Wohnraum zu vermitteln. »Das ist ein echter Glücksgriff«, sagt Schaefer am Donnerstag zu »nd«. Vor allem sei es besser als die von ihm als »menschenunwürdig« bezeichneten Wohnverhältnisse im Hönower Wiesenweg.
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In der Tat haben sich die Umstände vor Ort dramatisch verschärft, seit Ende September der Stromzugang von Stromnetz Berlin gekappt wurde. Nun heizen die Menschen hier in Feuertonnen und mit benzinbetriebenen Aggregaten. Grund für den fehlenden Strom sei eine Manipulation an den Stromzählern gewesen. Anscheinend habe der Eigentümer Strom geklaut. Ausbaden mussten das die Bewohner*innen, die noch bis vor Kurzem allesamt Strom und Miete in Höhe von 500 bis 600 Euro gezahlt haben.
An einer Sicherstellung der Stromversorgung auf dem Gelände war dem Bezirk Lichtenberg allerdings nicht gelegen. Es handle sich um ein Privatgrundstück, für das der Bezirk gar keinen Strom beantragen könne, sagt Bezirksbürgermeister Schaefer. Die Stromversorgung liege in der alleinigen Verantwortung des Eigentümers. Nun sei die Brandgefahr auf dem Gelände so hoch, dass der Bezirk es nicht verantworten könne, die Menschen dort weiter wohnen zu lassen, so Schaefer während der Sitzung der BVV am Donnerstag.
Den Lichtenberger Verordneten von Linke, Grünen, SPD und Tierschutzpartei reicht diese Begründung allerdings nicht aus. Sie bilden die Mehrheit in der BVV und stimmen einem Antrag zu, der das Bezirksamt dazu auffordert, »einen geordneten Leerzug des Trailerparks im Hönower Wiesenweg 24/25 bis Ende Mai 2024 sicherzustellen«. Damit soll verhindert werden, dass Menschen durch eine Räumung Anfang nächster Woche obdachlos werden oder in unsicheren Wohnverhältnissen landen. Bezirksbürgermeister Schaefer reagiert mit Unverständnis auf den Antrag. Schon 40 Bewohner*innen hätten zugesagt, in die Unterkunft in der Paul-Gesche-Straße einziehen zu wollen.
Auch Dennis, ein aktueller Bewohner der Containersiedlung, nimmt an der Diskussion um den Antrag teil. »Ich wohne dort seit drei Jahren und bis vor acht Wochen waren es dort ganz normale Verhältnisse«, sagt er zu den Lichtenberger Bezirksverordneten. »Es ist ja schön, dass 40 Leute mit Herrn Schaefer mitkommen wollen. Aber was ist mit den Menschen mit Tieren, oder die drogenabhängig sind?« Dennis selbst habe einen Hund, den er niemals abgeben werde. Deshalb bliebe ihm nach einer Räumung nur die Obdachlosigkeit.
Schaefer versichert, dass das Bezirksamt sich auch um eine Lösung für die Menschen mit Haustieren bemühe und schon eine entsprechende Unterkunft in Aussicht stehe. Doch ein festes Angebot kann er den Menschen nicht unterbreiten. Trotz des mehrheitlichen BVV-Beschlusses gegen eine Räumung vor dem Frühling hält Schaefer am geplanten Vorhaben des Bezirks fest. »Wir werden das durch das Rechtsamt prüfen lassen, aber gehen nicht davon aus, dass der Beschluss etwas ändert«, sagt Schaefer nach der Abstimmung zu »nd«. Am Montag und Dienstag sollen die Bewohner*innen mit Bussen zur neuen Unterkunft gebracht werden. Wer nicht mitkommen wolle, müsse das Grundstück dennoch verlassen, »im allerschlimmsten Fall auch mit polizeilicher Begleitung.« Einige Bewohner*innen wollen nun noch versuchen, die Räumung durch einen Eilantrag am Amtsgericht Lichtenberg zu verhindern, sagen sie am Donnerstagabend zu »nd«.
Schon bevor die Sitzung am Donnerstag startet, versammeln sich Bewohner*innen und Nachbar*innen der Containersiedlung vor der Max-Taut-Aula in Lichtenberg, wo die Sitzung der BVV stattfindet. »Es geht um Selbstbestimmung. Die Leute hatten dort ihr eigenes Zuhause«, sagt Willi zu »nd«. Willi wohnt auf einem Wagenplatz in der Nachbarschaft und kann gut nachvollziehen, dass viele Bewohner*innen nicht in der Unterkunft leben wollen, die der Bezirk zu Verfügung stellt. Deshalb setzt sich Willi auf der Sitzung der BVV dafür ein, die Containersiedlung nicht zu räumen. Willi findet es dreist, dass Schaefer die Wohnverhältnisse »menschenunwürdig« nennt. »Zehn Jahre lang war es okay, und jetzt auf einmal nicht mehr.«
Die Nachbar*innen und Bewohner*innen vermuten, dass die Eskalation im Hönower Wiesenweg auch mit der gegenübergelegenen »Parkstadt Karlshorst«, einem Neubaugebiet, in dem neben Sozialwohnungen auch teure Eigentumswohnungen angeboten werden, zusammenhängt. Einerseits liegt der Verdacht nahe, dass die Preise für solche Wohnungen höher sein könnten, wenn nicht gegenüber die Containersiedlung wäre. Andererseits gibt es Berichte darüber, dass die Eigentümerfirma Bonava Flächen in der unmittelbaren Umgebung aufkaufe und auch Interesse an dem Grundstück im Hönower Wiesenweg 24/25 habe. Bonava selbst dementiert diese Berichte gegenüber »nd«: »Beides entspricht nicht den Tatsachen.«
Aktuell ist es rechtlich nicht möglich, das Grundstück zu Wohnzwecken zu nutzen, weil es eine Gewerbefläche ist. Deshalb ist auch die Containersiedlung dort illegal. Die Nachbar*innen und Bewohner*innen allerdings befürchten, dass das Grundstück nach einer Räumung doch verkauft wird und ein neuer Eigentümer wie etwa Bonova eine Umwandlung des Geländes in ein Wohngebiet anstreben könnte. Bezirksbürgermeister Schaefer sagt zu »nd«, dass dem Bezirk derlei Pläne nicht bekannt seien und dass er es für unwahrscheinlich hält, dass die BVV einem solchen Vorgang zustimmen würde.
Der Eigentümer des Grundstücks im Hönower Wiesenweg besitzt noch weitere Flächen, auf denen er ebenso jahrelang illegale Container- und Wohnwagensiedlungen betrieben hat. Eine davon wurde bereits in diesem Jahr vom Bezirk Treptow-Köpenick dichtgemacht, die Bewohner*innen konnten größtenteils in Wohnraum vermittelt werden. Nun geht es dem Adlergestell 552 am S-Bahnhof Grünau an den Kragen. Auch hier wurde am Dienstag von Stromnetz Berlin die Stromversorgung gekappt. In einem Pressegespräch erklären Stadtentwicklungsstadträtin Claudia Leistner (Grüne) und Sozialstadträtin Carolin Weingart (Linke), dass alle Bewohner*innen übergangsweise durch den Bezirk untergebracht werden können. Dafür stehen drei Monate lang ein Hotel und für Menschen mit Haustieren eine Pension zur Verfügung. In diesem Zeitraum soll zusammen mit dem Träger Gebewo langfristige Wohnmöglichkeiten gefunden werden.
Seit Mittwoch seien Vertreter*innen des Bezirk vor Ort, um die Menschen in ihre neue Unterkunft zu bringen. Bislang habe man 45 Personen untergebracht, davon 34 im Hotel und elf samt Haustieren in der Pension. Die übrigen Bewohner*innen versuche man in den kommenden Wochen zu erreichen. Es sei schwer zu sagen, wie viele Menschen noch auf dem Grundstück wohnen, sagt Leistner. »Dass 45 Menschen bereits untergebracht wurden, ist mehr, als wir überhaupt gedacht haben, dort zu haben.« Leistner ist es wichtig, festzuhalten, dass die Unterbringung bislang keine Räumung ist, sondern freiwillig abläuft. Allerdings sagt sie auch, dass der Bezirk vorhabe, die Wohnnutzung bis Ende November endgültig zu beenden.
Nadja, eine ehemalige Bewohnerin der Containersiedlung, zeigt sich zufrieden über den Umzug in die Pension. Sie steht mit ihrem Hund vor ihrem ehemaligen Zuhause. Dort sei es, bis auf die mangelnde Hygiene und die kürzliche Stromkappung ganz nett gewesen, sagt sie zu »nd«. »Wir haben uns super verstanden. Im Sommer war es hier richtig lustig, wir haben gemeinsam gekocht und draußen gesessen.« Umziehen wollte sie dennoch, habe aber trotz 300 Bewerbungen keine Wohnung gefunden. Nun könne sie aber dank Unterstützung des Bezirks in einem Monat in eine Wohnung einziehen. »Ich werde die anderen hier vermissen«, sagt sie.
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