Streit um Mobilitätsgesetz: Berliner Straßenkampf

Die Hauptstadt-Grünen fordern sozial gerechte Verkehrspolitik – und ein millionenschweres Finanzpaket für mehr Sicherheit auf den Straßen

Schluss mit der vermeintlich autofeindlichen Politik: Mit einer Novelle könnte die CDU-Fraktion dem einst von SPD, Linken und Grünen beschlossenen Mobilitätsgesetzes ihren eigenen Stempel aufdrücken. Doch die Kritik am durchgesickerten Änderungsvorschlag wird immer lauter und kommt nicht zuletzt aus den Reihen der Grünen.

»Wo die CDU regiert, stirbt die Verkehrssicherheit zuerst«, kritisiert Werner Graf, Vorsitzender der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus am Samstag. Die Koalition betreibe Verkehrspolitik »nur noch aus Perspektive der Windschutzscheibe«, die schwächsten Verkehrsteilnehmer*innen kämen dabei unter die Räder: Kinder, Menschen mit Behinderung und Alte.

Um dem entgegenzuwirken, will die Grünen-Fraktion in den laufenden Haushaltsberatungen nun ein Finanzpaket für Verkehrssicherheit in Höhe von 74 Millionen Euro. »Wir brauchen mehr Blitzer und mehr Beschäftigte in den Bußgeldstellen. Aber auch massive Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur, um potenziell tödliche Gefahren für die Menschen auf dem Rad und zu Fuß zu beseitigen«, führt Graf aus.

Auch die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Antje Kapek, sieht den Senat und insbesondere die Berliner CDU auf einem Irrweg. »Gerade auch Autofahrer würden von Maßnahmen zur Verkehrssicherheit profitieren – schließlich möchte niemand absichtlich Menschen, die mit Rad und zu Fuß unterwegs sind, gefährden«, teilt die Berliner Abgeordnete mit.

Mit ihrer Kritik schließen sich die Grünen den Forderungen eines am Freitag veröffentlichten Briefes an. In ihm fordern über 70 Organisationen, Verbände und Unternehmen, den Änderungsvorschlag zum Mobilitätsgesetz abzulehnen. »Nach unserer Einschätzung ist er ein fachlich fehlgeleiteter Versuch, der sich gegen die Interessen aller Verkehrsteilnehmenden richtet«, heißt es in dem Schreiben, das der Verein Changing Cities verbreitet hat. »Er postuliert zwar ein ›Miteinander‹, aber de facto geht es um eine Stabilisierung des Kfz-Verkehrs.« Der Brief richtet sich an den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sowie die Vorsitzenden ihrer Fraktionen im Abgeordnetenhaus Dirk Stettner (ebenfalls CDU) und Raed Saleh (SPD).

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Die Unterzeichner*innen befürchten ein »Beharren auf dem Status quo«, das die Abhängigkeit vom Autoverkehr zementiere und für mehr Stau und Probleme auf den Berliner Straßen sorge. Die ursprüngliche Idee sei eine andere gewesen: »Das Mobilitätsgesetz ist ein gemeinsam entwickelter Plan, um sichere, klimagerechte, wirtschaftliche und sozial ausgewogene Mobilität für alle Menschen und Unternehmen in und um Berlin zu ermöglichen.«

Das Schreiben geht unter anderem auf den Berliner Landesverband im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die Deutsche Umwelthilfe, Greenpeace Berlin, den ADFC Berlin, Attac Berlin, mehrere Wissenschaftler*innen und Unternehmen wie den Fahrradverleiher Nextbike zurück. Wie sie zu erkennen geben, hoffen sie vor allem auf die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Die Sozialdemokrat*innen sollen die Änderungen ablehnen, zusammen mit allen politischen Kräften, die das Mobilitätsgesetz einst geschaffen haben.

Zuletzt war ein möglicher Änderungsentwurf der CDU-Fraktion für das 2018 auf den Weg gebrachte Mobilitätsgesetz bekannt geworden. Dieser soll unter anderem von dem Ziel abweichen, den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren. Auch der Abbau von Parkplätzen und die Etablierung verhältnismäßig breiter Radwege könnten demnach gestrichen werden. mit dpa

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