Rückführung menschlicher Überreste soll leichter werden

Haushaltsausschuss beschließt Finanzierung für Initiativen von Nachfahren, die treffen sich zu »Repatriation Days« in Berlin

Wie umgehen mit menschlichen Überresten, wenn diese aus kolonialen Kontexten stammen? Diese Frage stellte sich unter anderem in Würzburg, nachdem ein Auktionshaus dort am vorvergangenen Samstag drei bemalte Schädel aus Papua-Neuginea und West-Papua zum Verkauf angeboten hatte. Die Objekte zeigten »eine einzigartige Form von Schädelkult« der in diesen Ländern lebenden Menschen, heißt es auf der Webseite zu der Versteigerung.

In einem Offenen Brief forderten daraufhin zahlreiche Wissenschaftler, Aktivisten und Organisationen die Herausnahme der »Human Remains« aus dem Auktionskatalog. Deren Bepreisung und Nummerierung degradiere die toten Menschen zu Objekten, womit ihre Nachfahren kaum einverstanden sein würden.

Die Verfasser des Offenen Briefes stammen aus der Provenienzforschung, in der die Geschichte und Herkunft von Kunstwerken und Kulturgütern untersucht werden. Bei mindestens zwei der in Würzburg versteigerten menschlichen Überreste vermuten die Forscher einen kolonialen »Unrechtskontext«, außerdem würden durch den Verkauf in Deutschland »rassistische und koloniale Machtstrukturen erhalten«.

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Jedoch blieb der Protest erfolglos: Für 9000 Euro wurde etwa ein »übermodellierter Ahnenschädel« aus Papua-Neuguinea in Würzburg versteigert. Die Objekte seien nicht in Gräbern gefunden worden, erklärt dazu der Geschäftsführer des Auktionshauses, David Zemanek, auf Anfrage des »nd«, sondern in Riten verwendet worden. Man sehe sich deshalb als »letzte Bewahrer der Kultur«, indem die Schädel sorgsam aufbewahrt und hinter Glas zur Schau gestellt würden. Die Bedingungen zur Aufbewahrung der Artefakte seien in Deutschland auch deutlich besser als etwa in Museen afrikanischer Länder, sagt der Würzburger Geschäftsmann, und dürfte damit den Vorwurf der Fortschreibung kolonialer Machtverhältnisse bestätigen.

Als Beispiel von Museen in schlechtem Zustand nennt Zermanek Tansania. In das ostafrikanische Land war vergangene Woche Bundespräsident Walter Steinmeier gereist, dabei ging es unter anderem um die Frage des Umgangs mit menschlichen Überresten aus der Kolonialzeit. Während der sogenannten Maji-Maji-Rebellion hatten deutsche Truppen in Tansania zwischen 1905 und 1907 bis zu 300 000 Angehörige der Urbevölkerung ermordet. Deutschland sei bereit, mit Tansania an einer »gemeinsamen Aufarbeitung« der Vergangenheit zu arbeiten, sagte Steinmeier und versprach, die vereinfachte Rückführung von Kulturgütern und menschlichen Überresten prüfen zu wollen.

Ebenfalls letzte Woche hat der Haushaltsausschuss des Bundestages auf Antrag der Ampel-Fraktionen das Auswärtige Amt und das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur aufgefordert, innerhalb von sechs Monaten die Zuständigkeit für Rückgaben von »Human Remains« zu klären und damit entsprechende Initiativen zu erleichtern.

Für den Bundeshaushalt 2024 hat der Ausschuss außerdem einen Restitutionsfonds in Höhe von 2,4 Millionen Euro beschlossen. Darüber soll der Austausch mit Menschen aus ehemaligen Kolonien gefördert werden, damit diese überhaupt vom Vorhandensein menschlicher Gebeine und einem möglichen Verwandtschaftsverhältnis erfahren können. Wird eine Übereinstimmung vermutet, können sie nach Deutschland reisen, um eine DNA-Probe abzugeben. Über das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste, das 2015 von Bund und Ländern sowie Verbänden gegründet wurde, sollen demnächst entsprechende Suchanträge nach menschlichen Überresten von Angehörigen möglich sein.

In Berlin existiert seit 2019 bereits eine »Kontaktstelle für Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten«, die bei der Kulturstiftung angesiedelt ist. In den kommenden Wochen sollen von dort Ergebnisse einer bundesweiten Umfrage zum Bestand menschlicher Gebeine mit einer verwerflichen Aneignungsgeschichte präsentiert werden. Daran haben sich Museen, Hochschulen und andere Einrichtungen beteiligt.

Eine solche Erhebung hatte im vergangenen Jahr bereits die Forscherin Isabelle Reimann für den Verein Decolonize Berlin erstellt. Der macht nun zusammen mit dem ebenfalls in Berlin ansässigen European Center for Constitutional and Human Rights Druck zur »Repatriierung von menschlichen Gebeinen aus kolonialen Kontexten«. Zu einer mehrtägigen Konferenz haben die Veranstalter Nachfahren von Menschen eingeladen, deren Überreste sich in Besitz deutscher Einrichtungen befinden, darunter aus Namibia, Simbabwe, Ghana und Tansania.

»Die Rückführung von menschlichen Gebeinen ist ein sehr notwendiger Prozess, um Heilung und einen Abschluss zu erreichen, um Gerechtigkeit zu schaffen, wo großes Unrecht begangen wurde und um die Würde der Afrikaner wiederherzustellen«, sagte die Professorin Rudo Sithole von der Universität Simbabwe zur Eröffnung dieser noch bis Freitag stattfindenden »Repatriation Days«.

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