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Malta: Terrorismus-Anklage gegen Geflüchtete
Staatsanwaltschaft in Malta bringt angebliche Entführer der »El Hiblu« vor Gericht
Nach über vier Jahren hat die Generalstaatsanwalt in Malta Anklage gegen drei Geflüchtete erhoben, die am 26. März 2019 mit dem Öltanker »El Hiblu 1« eingereist waren. Das berichtet eine Solidaritätsgruppe in einer Pressemitteilung. Die damals teilweise Minderjährigen waren in einem Schlauchboot mit insgesamt 108 Menschen von der libyschen Küste aus nach Europa aufgebrochen und gerieten in Seenot. Von der unter türkischer Flagge fahrenden »El Hiblu 1« wurden sie deshalb an Bord genommen. Die Rettung hatte ein Flugzeug der EU-Militärmission »Irini« koordiniert.
Den drei Geflüchteten Abdalla, Amara und Kader wird vorgeworfen, das Schiff anschließend nach Malta entführt zu haben. Grundlage ist ein Funkspruch des Kapitäns, wonach sein Schiff von den Geflüchteten »übernommen« worden sei. Später hatten der Kapitän und die Crew der »El Hiblu 1« ausgesagt, dass sie nicht um ihre Sicherheit besorgt waren: Weder hätten die Geretteten Waffen eingesetzt noch sei das Schiff beschädigt worden.
Zunächst habe der Kapitän den Geretteten versichert, einen sicheren Hafen in Europa anzusteuern, so die Verteidigung der Angeklagten. Dann habe er jedoch das Bürgerkriegsland Libyen angesteuert. Dagegen hatten die Geflüchteten an Bord protestiert. Einer der nun Angeklagten habe englisch gesprochen und in Begleitung der anderen beiden Beschuldigten zwischen der Besatzung und den anderen Schutzsuchenden vermittelt. Um diese Vermittlung soll der Kapitän des Schiffes sogar gebeten haben. Das Schiff änderte anschließend seinen Kurs nach Norden in Richtung Malta.
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Bei der Ankunft der »El Hiblu 1« wurden Abdalla, Amara und Kader inhaftiert und erst nach acht Monaten gegen Kaution freigelassen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt seitdem wegen der Entführung eines Schiffes, der Bedrohung einer Besatzung und »Terrorismus«. Auf mindestens vier der insgesamt neun Anklagepunkte sollen lebenslange Haftstrafen stehen.
Die Solidaritätsgruppe fordert das Gericht auf, die Anklagen fallenzulassen. Es gebe auch keine Beweise, dass das vorgeworfene Verbrechen auf maltesischem Territorium begangen wurde. Anstatt strafrechtlich verfolgt zu werden, sollten die Beschuldigten für ihre Taten gefeiert werden.
Zurückweisungen von Geflüchteten in Länder wie Libyen sind völkerrechtlich umstritten. Internationale Konventionen fordern, Gerettete nicht an einen Ort zu bringen, »wo ihnen Verfolgung und andere Gefahren drohen«. Küstenwachen europäischer Länder oder auch der Grenzagentur Frontex sind solche »Pushbacks« verboten, bei Handelsschiffen legen europäische Seenotleitstellen dies jedoch anders aus. Jedoch existiert dazu eine Rechtsunsicherheit für Reeder und Kapitäne: 2021 hat ein Gericht in Neapel den Kapitän eines kommerziellen Schiffes wegen einer solchen Zurückweisung nach Libyen zu einer Haftstrafe verurteilt.
Auch Schiffe unter deutscher Flagge haben bereits gerettete Geflüchtete in Libyen ausgeschifft. Jedoch vertraten die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages in einem Gutachten die Ansicht, dass die Mitwirkung an derartigen Operationen im Flaggenstaat Deutschland als »Aussetzung« nach Paragraf 221 des Strafgesetzbuches verfolgt werden kann.
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