Chiles Linke verhindert Rückschritt

Martin Ling über die Ablehnung des Verfassungsentwurfs in Chile

Es ist ein bitterer Sieg der Linken, aber es ist ein Sieg: Fast 56 Prozent der Chilen*innen haben den Verfassungsentwurf des von rechts und ultrarechts dominierten Verfassungsrats abgelehnt. Dieser Entwurf ist sogar noch ein Rückschritt gegenüber der Verfassung von 1980 aus der Pinochet-Diktatur, weil er in den vergangenen Jahren nachträglich vorgenommene Korrekturen, beispielsweise eine relative Liberalisierung der Abtreibungsregelung, wieder infrage gestellt und das neoliberale Modell im Bildungs-, Gesundheits- und Rentensystem sogar weiter vertieft hätte. Der Entwurf trug die Handschrift des ultrarechten Präsidentschaftskandidaten José Antonio Kast.

Der Sieg ist bitter, weil die Pinochet-Verfassung bis auf Weiteres in Kraft bleibt und weil die Linke mit ihrem eigenen progressiven Verfassungsentwurf im September 2022 selbst krachend im Plebiszit gescheitert war. Es ist nicht absehbar, wann die Linke ähnlich wie nach der Rebellion 2019 wieder Kraft zu einem neuen Anlauf für eine progressive Verfassung findet. Dann bedarf es einer besseren und stärkeren politischen Kommunikation als beim ersten Versuch.

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