Vor dem großen Knall: Silvester-Vorbereitungen in Berlin

BVG schränkt Busverkehr ein, Innenpolitiker streiten über mögliche Eskalationen, Neuköllns Bürgermeister spricht sich gegen Privatfeuerwerk aus

Kurz vor Silvester laufen bei Berliner Akteur*innen die letzten Vorbereitungen. Die Feuerwehr beispielweise sagte am Donnerstag dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), sie habe vor allem die Abstimmung mit der Polizei verbessert. »Auch unsere eigenen Prozesse haben wir da noch mal geschärft, sodass wir wirklich jetzt für unserer Kolleginnen und Kollegen mehr Sicherheit geben können in der Nacht«, so Feuerwehrsprecher Vinzenz Kasch. Nach den Übergriffen auf Einsatzkräfte im vergangenen Jahr habe man außerdem in den betroffenen Kiezen Projekte mit Jugendlichen angestoßen. Laut einer Pressemitteilung der Feuerwehr sollen 1500 Einsatzkräfte in der Silvesternacht eingesetzt werden, das seien drei Mal so viele, wie im Regelbetrieb.

Die Polizei plant mit einem Großaufgebot von 3000 Polizist*innen im Einsatz zu sein – laut Polizeipräsidentin Barbara Slowik so viele wie in den vergangenen Jahrzehnten nicht –, um auf mögliche Ausschreitungen besser als im vergangenen Jahr vorbereitet zu sein.

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) schränken den Busverkehr ein, wie BVG-Sprecher Jannes Schwentu dem »Tagesspiegel« mitteilte. Demnach fahren beispielsweise die Busse der Linie M41 von etwa 20 Uhr am 31. Dezember bis zum frühen Morgen des 1. Januar nur zwischen Hallesches Tor und Hauptbahnhof – und lassen so die Kreuzberger Urbanstraße zum Hermannplatz und die Neuköllner Sonnenallee aus. Die Busse der Linie M29 sollen laut BVG vom Westen aus nur bis zum Moritzplatz in Kreuzberg fahren und Oranien-, Wiener und Ohlauer Straße in Kreuzberg sowie Pannierstraße und Sonnenallee in Neukölln meiden.

Auch in Mitte werde es aufgrund der Silvesterfeierlichkeiten Einschränkungen geben, beispielsweise werde die Linie 100 am 31. Dezember schon ab dem Vormittag eingestellt. Je nach Entwicklung der Situation könnten die Einschränkungen noch geändert und erweitert werden, so Schwentu.

Burkard Dregger, innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, hält derweil in bestimmten Fällen Präventivgewahrsam für die Dauer der Silvesternacht für sinnvoll, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet. Außerdem fordert er demnach gewaltvolles Vorgehen der Polizei im Falle von Ausschreitungen: »Sollte es zu Pyroexzessen, Angriffen und Gefährdungen von Einsatzkräften, Unbeteiligten oder Eigentum kommen, so sind nach den taktischen Einsatzgrundsätzen der Polizei Wasserwerfer, Schlagstöcke und Reizgas einzusetzen, um die Gefahren abzuwehren und weitere Angriffe zu unterbinden.«

Diese Aussagen kritisiert Vasili Franco, Innenexperte der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, auf der Plattform X (ehemals Twitter): »Der innenpolitische Sprecher der Berliner CDU zündelt vor der Silvesternacht am liebsten selbst und sehnt sich wohl nach Straßenschlachten mit hunderten Verletzten.« Zum Glück seien Polizei und Feuerwehr nicht mit dieser Strategie unterwegs, so Franco.

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Ein Schwerpunkt der Ausschreitungen im vergangenen Jahr war Neukölln, wo es nun eine sogenannte Böllerverbotszone im Bereich Hermannplatz und Sonnenallee geben wird. Neuköllns Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) äußerte sich diesbezüglich gegenüber der »Berliner Morgenpost« skeptisch. »Es sorgt direkt in der Verbotszone sicher für etwas Ruhe, bindet durch die Umsetzung aber auch viele Ressourcen der Polizei«, so Hikel. Er spricht sich für größere öffentlich organisierte Feuerwerksveranstaltungen und gegen privates Feuerwerk aus.

Prognosen zur diesjährigen Situation will Hikel nicht machen, er verweist aber auf verschiedene Präventionsmaßnahmen, die in Neukölln umgesetzt worden seien. Unter anderem hätten Feuerwehrleute und Rettungskräfte Jugendclubs besucht. Dass es in Neukölln dieses Jahr »ganz ruhig« zugehen werde, glaubt Hikel nicht. Das sei aber in Neukölln noch nie der Fall gewesen, so der Bezirksbürgermeister.

Auch die Neuköllner Integrationsbeauftragte Güner Balci meldete sich zu Wort. Aus ihrer Sicht haben die Berliner Politiker*innen aus den Ausschreitungen der zurückliegenden Silvesternacht nicht die richtigen Schlüsse gezogen. »Das Problem ist, dass Politiker in der Regel immer nur bis zur nächsten Wahl denken«, sagte Balci der Deutschen Presse-Agentur. Die Maßnahmen gegen Jugendgewalt, die auf den vom Senat organisierten Jugendgipfeln besprochen wurden, hält Balci demnach für nicht langfristig genug angelegt: »Da wird mit der Gießkanne Geld verteilt, und dann werden ein paar Träger herausgepickt, die man pressewirksam vorstellen kann. Das ist alles eine große Show.«

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