- Politik
- 129b-Verfahren
Hungerstreik von DHKP-C-Beschuldigtem
İhsan Cibelik fordert erfolglos Haftentlassung für Krebsbehandlung
Seit dem 17. Dezember befindet sich der linke Musiker İhsan Cibelik im Hungerstreik für seine Entlassung aus der Untersuchungshaft in der JVA Köln-Ossendorf. Damit will das Mitglied der bekannten Musikgruppe Grup Yorum eine medizinische Behandlung außerhalb der Gefängnismauern einfordern. Dort ist der türkische Staatsangehörige seit seiner Festnahme im Mai 2022 wegen des Verdachts der »mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland« inhaftiert. In Deutschland wird dies nach Paragraf 129b des Strafgesetzbuches verfolgt. Eingeführt wurde der Paragraf als Teil der deutschen Anti-Terror-Pakete nach dem 11. September 2001.
Vor einem Jahr hat die Bundesanwaltschaft in dem Fall Anklage erhoben, seit Juni wird gegen Cibelik und zwei weitere Beschuldigte vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf verhandelt. Sie sollen der türkischen »Revolutionären Volksbefreiungspartei/-front« (DHKP-C) angehören, die in der EU als Terrororganisation gelistet ist. Cibelik habe seit September 2015 als »Regionsverantwortlicher« in Süddeutschland »Weisungen der übergeordneten Deutschland- und Europaführung der DHKP-C« umgesetzt, Gelder beschafft und gefälschte Ausweispapiere besorgt, heißt es in der Anklage.
Bereits vor seiner Festnahme war bei Cibelik nach Angaben seiner Anwälte ein Verdacht auf Prostatakrebs diagnostiziert worden. Erst ein Jahr später sei dies im Vollzug untersucht und bestätigt worden. Als Therapie habe sich Cibelik für eine Operation entschieden. Diese Behandlung könne aber »in der von ihm gewünschten Form« auch im Rahmen des Vollzugs außerhalb der Anstalt durchgeführt werden, meint dazu das OLG. Das geht aus einem Beschluss vom 12. Dezember hervor, der »nd« vorliegt. Der Antrag zur Haftprüfung wird darin negativ beschieden. Zuvor hatte die Anstaltsärztin der JVA dem Angeklagten einen guten und »durchaus haftfähigen Allgemeinzustand« attestiert.
Als Ablehnungsgrund nennt das Gericht außerdem eine Fluchtgefahr. So könne nicht ausgeschlossen werden, dass Cibelik untertaucht und sich mithilfe der DHKP-C auch im Untergrund die notwendige medizinische Hilfe verschafft. Cibelik hatte hingegen argumentiert, im Fall einer Flucht in Europa nicht mehr ohne die Gefahr einer erneuten Verhaftung öffentlich auftreten zu können.
In einer vor Gericht verlesenen Erklärung bezeichnet sich Cibelik als »revolutionärer Künstler« und berichtet darin auch von in türkischer Haft erlittener Folter. Das OLG sieht in dieser Erklärung indes »Elemente einer Einlassung« und eine »Sympathie für ›revolutionäres‹ Handeln«. Dies belege die Inhalte der Anklage, heißt es in dem Beschluss zur Haftprüfung. Demnach habe sich die DHKP-C zum Ziel gesetzt, den türkischen Staat mittels eines »bewaffneten Kampfes« zu beseitigen und durch ein marxistisch-leninistisches Regime unter ihrer Kontrolle zu ersetzen.
In mehr als zwei Dutzend Hauptverhandlungstagen hat das OLG in dem Verfahren unter anderem sechs Ermittler des Bundeskriminalamts als Zeugen vernommen. Die Verteidigung hat nach Angaben des Senats 40 Anträge und Widersprüche eingebracht. Die Beweisaufnahme sei nahezu abgeschlossen, heißt es in dem Bescheid zur Haftprüfung.
Neben Cibelik stehen in dem Verfahren Serkan Küpeli und Özgül Emre in Düsseldorf vor Gericht. Auch sie befinden sich in Untersuchungshaft. Emre hat die türkische Staatsangehörigkeit und wird von der Bundesanwaltschaft als »Deutschlandverantwortliche« der DHKP-C bezeichnet. Der Deutsche Küpeli soll »Regionsverantwortlicher« in Hamburg, Bremen und Berlin gewesen sein.
Seit März befindet sich auch eine Unterstützerin der drei Inhaftierten im Hungerstreik, seit drei Wochen haben weitere Unterstützer neben einer Mahnwache vor dem Bundesjustizministerium in Berlin einen Dauerprotest vor dem OLG in Düsseldorf eingerichtet. Zu den Forderungen gehören »ein faires 129b-Verfahren« und die Haftentlassung des krebskranken Cibelik. Am Freitag forderten Unterstützer vor dem Gericht auf einer Kundgebung seine Freilassung.
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