Leiharbeit in Berlins Kliniken: Geister, die man rief

Zeitarbeit sorgt in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen zunehmend für Probleme – so Verdi und die Berliner Krankenhausgesellschaft

»Viele der Krankenhäuser, die sich jetzt so vehement beschweren, haben diese billige Alternative selbst gewählt«, sagt Gisela Neunhöffer am Montag im Gesundheitsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses. »Jetzt hat man das Monster, das man nicht mehr loswird.« Die Leiharbeit in Kliniken beschäftigt die bei Verdi für Berlins und Brandenburgs Gesundheitswesen zuständige Gewerkschafterin spürbar. Denn während sie für die Zeitarbeitenden selbst Vorteile mit sich bringt, wird die Arbeit für die Stammbelegschaft allmählich unerträglich.

Die Attraktivität der Leiharbeit liegt auf der Hand: In einer Branche, die ihre Beschäftigten an die Überlastungsgrenzen treibt, lässt sie nicht nur Beruf und Familie leichter miteinander vereinbaren. Oft bringt der Wechsel aus dem Angestelltenverhältnis auch eine finanzielle Verbesserung mit sich. Sogar Ablösesummen, laut Beschäftigten in bis zu fünfstelliger Höhe, werden bisweilen gezahlt. Kein Wunder also, dass sich das Phänomen ausbreitet. Noch 2018 machten Zeitarbeitende in Berliner Krankenhäusern und Pflegeheimen rund fünf Prozent der Beschäftigten aus. In der Pflege hat sich ihr Anteil mittlerweile auf neun Prozent erhöht, in den Notfalleinrichtungen und OP-Sälen liegt er gar bei 20 Prozent.

So zumindest berichtet es Marc Schreiner, Geschäftsführer der Berliner Krankenhausgesellschaft. Ihm zufolge drückt die Sonderstellung der Zeitarbeitenden auf die Stimmung in den Kliniken: »Die Zeitarbeiter kennen die Patienten nicht und wissen noch nicht einmal, wo der diensthabende Notarzt im Krankenhaus ist.« Studien stellten Schreiner zufolge gar eine erhöhte Sterberate durch Leiharbeit fest.

Neue Hilfskräfte müssen immer wieder von vorne eingearbeitet werden, Pflichtfortbildungen der Stammbelegschaft können sie auslassen. Schreiner kritisiert zudem mangelnde Verlässlichkeit: Rund 20 Prozent der gebuchten Dienste kämen nicht zustande, weil die Zeitarbeitenden nicht am Arbeitsplatz auftauchen. »Dann müssen Stammkräfte aus ihrer freien Zeit zurückgerufen werden.« Dass Beschäftigte wie selbstverständlich einspringen sollen, hält Gewerkschafterin Neunhöffer für einen Teil des Problems: »Es gibt Dinge, die die Zeitarbeitsfirmen richtig und die Krankenhäuser eben falsch machen.« Es sei höchste Zeit, dass die Kliniken für bessere Arbeitsbedingungen sorgen: Das Personal brauche Entlastung und mehr Wertschätzung für die geleistete Arbeit.

Neunhöffer fordert hierfür einen spezifischen Fonds und die Rückführung der Tochtergesellschaften in die Universitätsklinik Charité und den kommunalen Vivantes-Krankenhauskonzern. Letzteres haben SPD und CDU im vergangenen Jahr zugesagt. »Die Beschäftigten schauen hier ganz genau hin«, mahnt Neunhöffer. Ein Verbot der Leiharbeit hält sie für nicht zielführend.

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Die Berliner Krankenhausgesellschaft schlägt als Lösungsansatz einen Mustervertrag für die Zusammenarbeit mit Leiharbeitsfirmen vor. In ihm werden Tarifbindung sowie ein Abwerbeverbot festgelegt. Zudem sollen die Unternehmen dazu verpflichtet werden, für die Ausbildung ihrer Beschäftigten zu sorgen. Dabei, den Mustervertrag zum Maßstab zu machen, erhofft sich die Vereinigung Unterstützung von Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD).

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