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»Analyse & Kritik«: In Bewegung bleiben
Mach mehr aus einer linken Zeitung: Morgen erscheint die 700. Ausgabe von »ak«
Viele linke Zeitungen und Zeitschriften sind akut in der Krise, nicht aber die Zeitung »Analyse & Kritik« (ak). Am Dienstag erscheint die 700. Ausgabe seit 1971. Damals stand »ak« für »Arbeiterkampf«, Organ des Kommunistischen Bundes, der sich 1991 auflöste. Die Zeitung, die 1992 umbenannt wurde, hat seitdem dauerhaft überlebt. Ihre Auflage ist in den vergangenen Jahren, auch im Vergleich zur Zeit der 600. Ausgabe, gestiegen – sie müsste jedoch noch höher sein, um strukturelle Sicherheit zu gewährleisten, was ihr auch unbedingt zu wünschen ist und weshalb seit einigen Woche eine entsprechende Kampagne läuft.
Mit Erfolg: Lag die Auflage im Dezember 2021 noch bei 6 500 Exemplaren, ist sie nun bei mehr als 7 000 angelangt. Im Vergleich: 2003 betrug sie nur 2 500. Ihre letzte existenzgefährdende Krise liegt nun schon mehrere Jahre zurück. Es war 2016 – von außen betrachtet – nicht klar, ob die Zeitung sie überstehen würde. Hat sie aber, dank der Solidarität anderer Medien und Personen.
Seither ist viel geschehen, vor allem: Die Internetseite wurde erheblich modernisiert. Die alte steht noch immer online, jetzt als Archiv, eine hierfür angelegte Spendenaktion brachte überraschend viel Geld ein, auch wurde ein Online-Abo eingeführt. Die Redaktion hat sich stark verjüngt: Jens Renner, rund 30 Jahre dabei, zog sich 2020 zurück, blieb aber als Autor erhalten. Auch die sonstige Zusammensetzung hat sich sehr verändert, auch vergrößert. Die Verbindung zur Vergangenheit des KB und als »Arbeiterkampf« spielt keine wichtige Rolle mehr. Wer mehr hierzu wissen möchte, schaue sich die im Netz verfügbare, gut gemachte Kurzdokumentation zum 40. Geburtstag an.
Den vielen Autor*innen, die nicht der Redaktion angehören, wird ein (kleines) Honorar gezahlt. Arbeitsort der Redaktion ist nach wie vor Hamburg, wo auch die Zeitung einmal im Monat eine Woche lang produziert wird, worüber regelmäßig im Editorial berichtet wird. Alles in allem sind rund 14 Personen für »ak« tätig, alle auf einer halben Stelle. Die meisten von ihnen wohnen in Hamburg und Berlin, kommen aus verschiedenen linken Richtungen und sorgen für eine große Themenbreite.
Das Profil ist eher antiimperialistisch, klar antifaschistisch, solidarisch-kritisch zur Linkpartei in sicherer Distanz. Theorie und Praxis kommen gleichermaßen zur Geltung, das Verhältnis wird immer wieder diskutiert. Auch sonst ist die Zeitung (derzeit) kein Sprachrohr einer spezifischen innerlinken Richtung. Sie war an der Entstehung der Interventionistischen Linken beteiligt, ohne dann aber den Weg zu einer Organisation mitzumachen. Sie gibt der internationalen Solidarität und der globalen Berichterstattung aus den Krisenherden dieser Welt großen Raum, seit 2022 hat sie sich insbesondere um eine linke Debatte rund um den Ukraine-Krieg verdient gemacht.
Klar, nicht alles kann immer zu aller Zufriedenheit abgehandelt werden, Lücken werden häufig im Editorial benannt, oder wenigstens am Rande in den verschiedenen kleinen Rubriken gestreift. Aktuelle wie historischen Themen werden behandelt, es erscheinen regelmäßig Bücherbesprechungen, einen festen Platz hat die Kolumne »aufgeblättert« mit vier Kurzbesprechungen.
Die »ak« erscheint derzeit am dritten Dienstag im Monat. Sie hat in der Regel 36 Seiten und ist in drei thematische Bücher unterteilt. Im Sommer gibt es eine Pause, die vorhergehende Nummer ist dann häufig etwas dicker. In jeder Ausgabe gibt es einen Themenschwerpunkt – der einzige Teil, der auch in Farbe gedruckt wird. Die Zeitung ist abhängig von den Abonnements, Anzeigen spielen kaum eine Rolle, weshalb die Redaktion auch gelegentlich zu Spenden aufruft.
Das Erscheinungsbild hat sich seit dem letzten großen Relaunch 2011 nicht verändert – und muss es auch nicht, es ist toll, wie es ist. Die damaligen größeren Veränderungen waren Ergebnis eines längeren, intensiven kollektiven Prozesses. Der eigens hierfür engagierte Layouter Andreas Homann zeichnete für die Umsetzung verantwortlich, die in enger Beratung mit der Redaktion erfolgte. Auch dieser Prozess ist nachlesbar, in den Ausgaben Nr. 677 (Dezember 2021) und Nr. 566 (November 2011). In letzterer gibt es eine Selbstdefinition der Redaktion: »›ak‹ soll eine nicht-sektiererische Zeitung sein, die sich den (linken) sozialen Bewegungen verbunden fühlt. Sie ist nicht einfach Zeitung aus der Bewegung, sondern auch eine über die Bewegungen.« Die Rubrik »Bewegung« erhielt im Zuge dessen ein eigenes Buch. Auch die schon erwähnte neue Internetseite war das Resultat eines umfassenden kollektive Prozesses. Die aktuelle Zeitung ist klar gegliedert und gut konzipiert.
Die Redaktion bemüht sich stark, sprachlich nicht zu akademisch zu klingen, unverrätselt zu schreiben. Wenn man als Autor*in mit der Redaktion zu tun hat, macht die Zusammenarbeit viel Spaß und ist solidarisch-freundlich. Das Spektrum der Menschen, die hier schreiben, ist groß: Es reicht von gestandenen Journalist*innen über Akademiker*innen bis hin zu Aktivist*innen und politischen Zusammenschlüssen. Es gibt auch Übersetzungen aus anderen Sprachen, vor allem Englisch. Debatten werden regelmäßig in Sonderheften gesammelt abgedruckt. Die Mehrheit der Leserschaft kommt aus Berlin, Hamburg, Leipzig und Frankfurt. Seit 2003 ist der Anteil der Städte in Ostdeutschland gewachsen.
Es ist zu hoffen, dass »ak« der linken Zeitungswelt im deutschsprachigen Raum noch lange erhalten bleibt. Sie ist eine enorme Bereicherung.
Der Autor schreibt seit 2012 für »ak«, vor allem Rezensionen
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