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Nächstes Geheimtreffen: Protest gegen Kubitschek in Dortmund

AfD laviert im Umgang mit Treffen zur Massendeportation

Es sind Bilder die allen Antifaschist*innen Mut machen. Bei einer Demo ziehen 10 000 Menschen durch Leipzig. Bei einer Kundgebung halten sie ihre Telefone mit eingeschalteter Lampe in die Höhe und rufen »Alle zusammen gegen den Faschismus!« Jule Nagel, Leipziger Landtagsabgeordnete der Linken, sagte gegenüber dem »nd«, die Demo sei »überwältigend« gewesen. Man habe gegen die Deportationspläne der extremen Rechten protestiert, es sei aber auch Kritik an der Migrationspolitik der Ampel laut geworden. Nagel hofft, »dass diese großartigen Impulse keine Eintagsfliegen bleiben«. Ähnliche Bilder gab es aus Rostock und Essen. Seitdem das Rechercheteam Correctiv über ein Treffen berichtet hat, bei dem Kader der extremen Rechten, AfD-Politiker, CDU-Mitglieder und Unternehmer über Massendeportationspläne gesprochen haben, nimmt der Protest gegen die Rechten nicht ab.

Christian Baumann, Sprecher des Bündnisses »Essen stellt sich quer« ist begeistert von der Ressonanz auf ihren Demoaufruf. 7000 Menschen sind am Montagabend gekommen. Angemeldet wurde die Demonstration für 500 Teilnehmer*innen. Es sei wichtig gewesen mit der Demo ein »starkes Zeichen« gesetzt zu haben. Ähnlich wie Jule Nagel, sagt Baumann aber auch, dass man an Morgen und Übermogen denken müsse. Er hofft, dass »Spirit von Montag« weitergetragen werde. Aktiver Einsatz für eine gelebte Demokratie beginne im Alltäglichen ohne große Aufmerksamkeit.

Während Antifaschist*innen protestieren, versucht sich die AfD im richtigen Umgang mit dem Skandal. Dabei arbeitet sie nach ihrem gewöhnlichen Muster und laviert durch den Skandal. Am Montagabend gab ein Parteisprecher nach einer Vorstandssitzung bekannt, dass sich Parteichefin Alice Weidel von ihrem Referenten Roland Hartwig trennt. Das Arbeitsverhältnis sei »in beiderseitigem Einvernehmen aufgelöst« worden. Hartwig hatte am Treffen in Potsdam teilgenommen. Eine Begründung nannte die Partei nicht.

Die Wucht der Massenproteste

Konfrontiert mit Recherchen der »Zeit«, die eine Teilnahme an einem Vorgängertreffen im Oktober 2021 nahelegen, antwortete AfD-Chef Tino Chrupalla, es gehe ihm wie Olaf Scholz in Sachen Cum-Ex: Er könne sich an »nichts mehr« erinnern. Allerdings liegt der »Zeit« ein Schreiben vor, in dem sich die Veranstalter für Chrupallas Teilnahme bedanken. Ziel des Treffens soll es gewesen sein, Akteure der extremen Rechten mit Unternehmern zusammenzubringen. Es sollten gemeinsame Projekte entwickelt werden, die den Einfluss und die Wahrnehmbarkeit der Rechten steigern.

Bernd Baumann, Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion im Bundestag, teilte der Nachrichtenagentur dpa am Dienstagmorgen mit, er gehe davon aus, dass bei der Fraktionssitzung »in irgendeiner Form« über das Treffen in Potsdam gesprochen werde. Die öffentliche Reaktion auf das Treffen hält Baumann für übertrieben. »Das war kein Geheimtreffen«, sagte er, sondern eine »private Verabredung«.

Das Treffen, bei dem sich Politiker, Unternehmer und extrem rechte Aktivisten austauschten, zu einer privaten Veranstaltung herunterzuspielen, die die Öffentlichkeit nichts angehe, scheint die Linie zu sein, auf die sich der Mainstream der AfD geeinigt hat. In den sozialen Netzwerken verknüpfen viele Funktionäre diese Erzählung mit Beschwerden darüber, dass »Geheimdienstmethoden« gegen die Teilnehmer des Treffens angewendet worden seien. Dass Correctiv für Projekte zu Fakenews Gelder von Stiftungen des Milliardärs George Soros bekommen hat, wird im Dunstkreis der AfD gerne genutzt, um an antisemitische Verschwörungstheorien anzuknüpfen.

Andere Funktionäre der AfD gehen deutlich offensiver mit der Recherche um. Von Matthias Helferich gibt es nur Spott für die Enthüllungen. Es sei »empörend«, dass er nicht eingeladen worden sei. Der Dortmunder ist Bundestagsabgeordneter, aber nicht Teil der AfD-Fraktion. Äußerungen wie die, dass er »das freundliche Gesicht des NS« sei, waren der Fraktionsführung zu heikel. Helferichs Beliebtheit in der Partei schadet das allerdings nicht. Bundesweit wird er von AfD-Gliederungen zu Vorträgen eingeladen.

Helferichs wichtigste Machtbasis in der AfD ist die Junge Alternative; sein Dortmunder Wahlkreisbüro stellt er der Jugendorganisation gerne zur Verfügung. So auch am kommenden Freitag. Die Rechercheplattform IBdoku hat am Dienstag eine »persönliche Einladung« von Helferich und anderen Funktionären zu einem Vortrag von Götz Kubitschek veröffentlicht. Der Verleger ist eine zentrale Figur der intellektuellen Rechten. In Dortmund soll er zehn Thesen vorstellen. Es geht um die Frage, ob 2024 das Jahr der »politischen und kulturellen Wende« wird. Kubitschek hofft, Wahlsiege der AfD könnten zu einer »patriotischen Erneuerung unserer Verhältnisse« beitragen. Gleichzeitig sieht er Gefahren, die Partei könne verweichlichen. Als Beispiel nennt er Italiens rechtsextreme Regierungschefin Giorgia Meloni.

Gegen Helferichs Büro planen Antifaschist*innen aus Dortmund eine Demonstration. Für Kim Schmidt, Pressesprecherin der Autonomen Antifa 170, ist klar: »Die AfD ist noch genauso rechts wie die letzten Jahre. Sie paktiert noch genauso offen mit jenen, die noch weiter rechts stehen. Sie vertritt immer noch genauso offen eine menschenfeindliche Ideologie.« Mit ihrem Protest wollen die Antifaschist*innen sich der Selbstinszenierung der AfD als »unaufhaltsam« entgegenstellen. Die Partei habe »nur so viel Raum, wie die Gesellschaft ihr gibt, und diesen Raum werden wir einschränken«, so Kim Schmidt.

Am Donnerstag hat die Antifa-Gruppe angekündigt, auch gegen die Veranstaltung mit Kubitschek am Freitagabend zu protestieren. Kim Schmidt hofft, dass man Kubitschek dabei stören kann, wenn er über seine »Pläne für die Schleifung der Demokratie und die ethnische Säuberung Deutschlands spricht«. Für die Antifaschistinnen ist klar: Wenn Kubitschek von einer patriotischen Erneuerung redet, meint er in Wirklichkeit einen »völkischen und nationalistischen Umsturz«. Die Antifaschistinnen wollen nun am Freitag und Samstag gegen Matthias Helferich und sein Büro protestieren.

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