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Klimageld: Stark betroffen, stark entlastet

Womöglich kommt das Klimageld doch noch. Forscher raten dabei von einer Pro-Kopf-Pauschale ab

Plakat bei einem Klimastreik von Fridays for Future
Plakat bei einem Klimastreik von Fridays for Future

Neue Töne aus dem Finanzministerium: Eine Auszahlung des Klimageldes sei technisch ab 1. Januar 2025 möglich, berichten verschiedene Medien unter Verweis auf Quellen im Haus von Minister Christian Lindner (FDP). Die Verknüpfung einer Iban-Kontonummer und der Steuer-ID jedes Bürgers samt Aufbau einer Datenbank sei bis Ende des Jahres umsetzbar.

Das ist ein weiterer Sinneswandel: 2021 wurde ein Klimageld im Koalitionsprogramm von SPD, Grünen und FDP versprochen. Dann schob das Finanzministerium das Vorhaben auf die lange Bank – Begründung: Es sei kompliziert, einen Auszahlungsweg zu finden. Als noch die massiven Haushaltsprobleme dazukamen, die sich beim Etat 2025 fortsetzen dürften, rechnete niemand mehr mit der Einführung vor der nächsten Bundestagswahl. Offenbar sorgen die miserablen Umfragewerte der Ampel-Parteien jetzt für Bewegung.

Das Klimageld ist als sozialer Ausgleich für höhere CO2-Preise gedacht, die beim Tanken und Heizen mit fossilen Energien spürbar sind. Es beinhaltet auch eine leichte Umverteilung, da Bürger mit hohen Einkommen deutlich höhere CO2-Ausgaben haben. Um welche Summen es geht, hat der Verbraucherzentrale-Bundesverband vor wenigen Tagen ermittelt: Da der Staat seit der Einführung des CO2-Preises Anfang 2021 bisher 11,4 Milliarden Euro eingenommen hat, müsste bei vollständiger Rückzahlung jeder Bürger eine Einmalzahlung von 139 Euro erhalten. Eine vierköpfige Familie käme demnach auf rund 556 Euro.

Absehbar ist, dass es künftig um größere Summen geht, da der CO2-Preis weiter steigen soll, um Klimaschutz-Investitionen anzuregen. »Klimapolitik ist sehr teuer, wobei Nichtstun auch sehr teuer ist«, sagt Matthias Kalkuhl von der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam. In dieser Frage sei die Politik bisher zu »blauäugig« gewesen.

Spät gerät in den Blick, dass die Akzeptanz von Klimamaßnahmen eng mit Gerechtigkeitsfragen zusammenhängt. Klimageld sei einfach zu verstehen und wirke progressiv, da insbesondere einkommensschwache Haushalte entlastet werden, erläutert Stephan Sommer, Ökonom an der Hochschule Bochum. Allerdings gebe es sehr unterschiedliche Vorstellungen davon, was hierbei gerecht sei.

Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe hat dazu in einer Studie Menschen aus »vulnerablen Gruppen« befragt, darunter alleinerziehende Pendlerinnen auf dem Land, Arbeitslose und Rentner, die in einem großen, ungedämmten Haus leben. Ergebnis: Sie hielten es für gerechter, wenn die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung nicht etwa zurückgezahlt werden, sondern in Maßnahmen mit hoher Klimaschutzwirkung wie den Ausbau der Schiene oder der Windkraft fließen.

»Klimageld trägt nicht unbedingt zu Akzeptanz für den CO2-Preis bei«, sagt Fraunhofer-Forscherin Sabine Preuß. Erst wenn man persönlich stark betroffen ist, ändert sich die Haltung. Preuß verweist auch auf Länder wie Österreich und Kanada, wo ein Klimageld eingeführt wurde und es noch immer Kritik gebe.

Tatsächlich kommen auch andere Befragungen zu dem Ergebnis, dass das Klimageld nicht erste Wahl ist. Da Förderprogramme etwa für Gebäude oder ÖPNV-Ausbau nicht kurzfristig wirken, müssten sie aus dem Haushalt finanziert werden, meint hingegen Wirtschaftswissenschaftler Kalkuhl. Zusätzlich brauche es ein Instrument, um die unmittelbare Belastung abzumildern. Und die ist sehr unterschiedlich, selbst innerhalb jeder Einkommensgruppe. Laut Kalkuhl würde ein Pro-Kopf-Klimageld im ärmsten Fünftel der Bevölkerung bei 10 bis 20 Prozent nicht ausreichen. »Wir brauchen ein System, in dem es keine Härtefälle gibt«, sagt er und plädiert für eine »ausdifferenzierte Zurückerstattung«.

Wer stark betroffen ist, soll stark entlastet werden – die Position hat sich in der Wissenschaft durchgesetzt. Allmählich erreicht die Debatte auch die Ampel-Koalition. SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch schlägt eine sozial abgestufte Zahlung nur für Haushalte mit kleinen oder mittleren Einkommen vor. Wenig überraschend weist FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler dies zurück: Das Klimageld müsse »unbedingt pauschal an jeden Menschen in Deutschland ausgezahlt werden«.

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