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Reformkonzept für den Fußball der Frauen an den DFB übergeben
»Fußball kann mehr«: Katja Kraus und Axel Hellmann über neue Ansätze der Initiative
Ihre Initiative »Fußball kann mehr« hat ein Konzeptpapier beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) präsentiert, das für die Zukunftsfähigkeit des Fußballs der Frauen weitreichende Reformen vorsieht. Was verbirgt sich dahinter?
Katja Kraus: In unserem Kreis gibt es verschiedene Perspektiven auf den Frauenfußball, Kompetenz und Erfahrung. Aus dieser Vielstimmigkeit ist ein Diskussionspapier entstanden, dessen Kern ist: Professioneller Frauenfußball muss als eigenes Geschäftsmodell funktionieren. Die Frauen-Bundesliga kann nicht die kleiner gedachte Version der Männer-Bundesliga sein. Wenn die Tabelle zukünftig ein Abbild der Wirtschaftskraft der Männerklubs ist, wird die Frauen-Bundesliga nicht dauerhaft attraktiv sein.
Axel Hellmann: Wir haben im Beirat der Initiative die Gedanken zusammengebracht, wie der Frauenfußball in einem kürzeren Zeitraum als die nächsten zehn Jahre auf ein höheres Niveau gebracht werden kann. Aus Klubperspektive bin ich mit dem Entwicklungsstand nicht zufrieden.
Warum nicht?
Hellmann: Weil wir kein spannendes Wettbewerbsumfeld haben: Von den letzten 22 Titeln seit 2013 ging nur ein einziger – 2014 der DFB-Pokalsieg des 1. FFC Frankfurt – nicht an den VfL Wolfsburg oder den FC Bayern München. So verliert eine Zwölfer-Liga, die netto nur fünf Monate im Jahr spielt, ihren Reiz.
Katja Kraus aus der Initiative »Fußball kann mehr« und Axel Hellmann, Vorstandssprecher von Eintracht Frankfurt und Beirat der Initiative, sind mit dem Zustand im deutschen Fußball der Frauen unzufrieden. Vor allem in der Bundesliga sehen sie Reformbedarf und haben dem Deutschen Fußball-Bund ein Thesenpapier zur Zukunftsfähigkeit vorgelegt. Sie erklären, warum international der Anschluss verloren geht.
Was ist der Ansatz der Initiative, zu der auch bekannte Persönlichkeiten wie Almuth Schult, Tabea Kemme oder Bibiana Steinhaus gehören?
Kraus: Hinzu kommen Unternehmerinnen wie Verena Pausder und Katharina Kurz, die als Gründerinnen des FC Viktoria Berlin ein eigenes Konzept umsetzen, das für hohe Aufmerksamkeit sorgt. Eine eigene, glaubwürdige Identität, zu der auch Werte und Haltung gehören, die dem Männerfußball zunehmend verloren gegangen sind, ist eine Chance. Es braucht eine Vision, um die Potenziale zu nutzen, die der Frauensport insgesamt hat, was wir in den eindrucksvollen Entwicklungen in England oder den USA sehen können.
Was schlägt ein Klubvertreter vor?
Hellmann: Wir müssen sehr schnell zu einer 16er-Liga kommen und bei der Professionalisierung mehr tun, wozu möglicherweise Minimum-Gehälter, aber auch ein Salary Cap gehören könnten. Weil damit auch der SC Freiburg, Werder Bremen oder Eintracht Frankfurt die Chance hätten, Meister zu werden.
Sportlich scheint die Liga mit Blick auf das Abschneiden der Teams in der Champions League zu stagnieren. Der Hype der EM 2022 reicht also nicht aus?
Hellmann: Ein Zeithorizont von acht bis zehn Jahren für eine Aufstockung der Bundesliga ist für die internationale Dynamik im Markt viel zu lang. Die Engländer lagern die Frauen aus dem Verband aus, die US-Amerikaner haben das schon getan. Beide haben eine ganz andere mediale Tiefe und ziehen magnetisch die Werbepartner an. In Deutschland sind viele vor allem international geprägte Konzerne zu Investitionen in den Frauenfußball als Teil ihrer Diversitätsstrategie bereit, aber wegen fehlender Reichweite setzt die Marketingabteilung dann ein erheblich niedrigeres Preisschild als im Männerfußball dahinter. Wenn wir nicht rasch reagieren, werden wir ein Ausbildungsmarkt für größere Ligen.
Kraus: Es geht nicht um die Verlängerung eines Hypes, sondern darum, eine tragfähige Profiliga der Frauen aufzubauen. Wirtschaftliche Unabhängigkeit bringt auch ein anderes Selbstverständnis. Das Selbstwertgefühl der Spielerinnen wird gestärkt, wenn der Sport eigenständig funktioniert – und nicht abhängig davon ist, ob die Entscheider der Männervereine gerade Geld für die Frauen zur Verfügung haben, oder die Unterstützung dem Zeitgeist entspricht.
Soll die Bundesliga aus dem Verantwortungsbereich des DFB herausgetrennt werden?
Hellmann: Es wird vom DFB abhängen, ob diese Debatte aufkommt oder nicht. Es gibt bei einigen Vereinen eine Unzufriedenheit, auch darüber, wie die Klubs eingebunden sind. Das ist nämlich kein Thema für Kommissionen oder Hinterzimmerkonferenzen. Dafür braucht es einen größeren Rahmen auf Spitzenniveau. Wir haben mit unserem Vorschlag einen konstruktiven, auch provokativen Beitrag für die Weiterentwicklung geleistet. Wenn die notwendigen Anpassungen in der Struktur des DFB erreicht werden können, habe ich damit überhaupt kein Problem. Wenn das aber nicht der Fall ist, müssen wir darüber nachdenken, den Frauenfußball eigenständig zu organisieren.
Kraus: Die Frage ist doch, wo gibt es die bestmöglichen Voraussetzungen, um den Sport dauerhaft erfolgreich zu machen. Kann der DFB das leisten oder nicht? Es gibt viele positive Vorzeichen, immer mehr Sponsoren, die sich explizit im Frauenfußball engagieren, weil sie den Wert des Sports erkennen und ihnen auch die gesellschaftspolitische Dimension wichtig ist. Dennoch wird die Entwicklung nicht von alleine funktionieren, es braucht Investitionen besispielsweise in Sichtbarkeit und Reichweite, die Qualität der Übertragungen, neue Formate und Distributionswege. Dafür müssen strategische Partner gefunden werden. Und Menschen, die das Thema mit Kompetenz und Lust treiben.
Müssten nicht auch Vereine die Notwendigkeit zur Veränderung vortragen?
Kraus: Die beste Art den Frauenfußball zu fördern ist, dass Klubs die Abteilungen so ausstatten, dass sie unabhängig agieren können, wirtschaftlich und personell. Investitionen in den Frauenfußball sind Investitionen in die Vereinsmarke, in neue Partnerschaften, neue Zielgruppen, den Wert des gesamten Klubs – keine Charity-Projekte.
Hellmann: Wir müssen es schaffen, dass unsere Frauen in Frankfurt als sportlich eigenständig wahrgenommen werden und eine eigene Identität entwickeln, aber gleichzeitig unter dem Dach der ganzen Eintracht-Familie zu Hause sind. Das hat eine kommunikative, aber auch wirtschaftliche Seite. Der Frauenfußball soll selbst ein tragfähiges Modell werden.
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