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Humanitäre Hilfe: Von Berlin bis nach Gaza

Die Hilfsorganisation Cadus leistet Unterstützung in Palästina

  • David Rojas Kienzle
  • Lesedauer: 4 Min.
Zusammen mit 800 Kilo Gepäck: Das erste Einsatzteam von Cadus ist in Ägypten gelandet.
Zusammen mit 800 Kilo Gepäck: Das erste Einsatzteam von Cadus ist in Ägypten gelandet.

Unter dem S-Bahn-Bogen in Friedrichshain ist am Mittwochabend Trubel. Knapp 25 Menschen bereiten einen schwierigen Einsatz vor. Cadus, eine Berliner NGO, geht nach Gaza, um humanitäre Hilfe zu leisten. »Das ist ein sehr schwieriger Einsatz. Riesenthemen sind Logistik und natürlich Sicherheit«, erklärt Lysann Kaiser, Geschäftsführerin von Cadus im Gespräch mit »nd« inmitten der letzten Vorbereitungen. Das erste Team fliegt noch am Abend nach Zürich. Von dort geht es weiter nach Ägypten, um dann über den Grenzübergang in Rafah nach Gaza zu gelangen. »Wir sind das gewohnt – wir gehen dahin, wo keiner hinwill«, so Kaiser. Die 2014 gegründete Organisation hat Erfahrung mit schwierigen Einsätzen. In Rojava, im Irak und in der Ukraine haben sie schon humanitäre Hilfe geleistet.

Cadus arbeitet mit der WHO, der Weltgesundheitsorganisation der UN, zusammen, um in Gaza den Transport von Schwerverletzten zu leisten. Lokale Organisationen können diese Aufgabe kaum mehr stemmen. Für den Fall, dass dies aus organisatorischen Gründen oder wegen der Sicherheitslage nicht möglich ist, hat sich die Gruppe einen Alternativplan überlegt: »Wir werden in einem Krankenhaus untergebracht sein. Wenn wir keine Evakuierungsarbeit machen können, werden wir dort bleiben und helfen.« Im ersten Team, das über die Grenze geht, haben deswegen alle eine medizinische Ausbildung, als Ärzte oder als Notfallsanitäter.

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Alle Freiwilligen bekommen mindestens ein Sicherheitstraining in Berlin und zahllose Briefings etwa zu Sicherheit, IT, Packing oder Kommunikation. Weil das der erste Einsatz in Gaza für die Organisation ist, werden Leute mitfliegen, die schon Erfahrungen in Kriegsgebieten haben, erzählt Kaiser. Aber das alleine reiche nicht: Deshalb sei die WHO in Absprache mit der palästinensischen wie auch der israelischen Seite vorrangig für die Sicherheit der Emergency Medical Teams (EMT) verantwortlich, also der Medizinischen Notfallteams, zu denen auch Cadus gehört. »Die Situation vor Ort ist sehr kritisch, überhaupt nicht vorhersehbar und ändert sich stündlich«, so Kaiser. Das Team, das jetzt aufbreche, sei sich der schwierigen Sicherheitslage bewusst. Aber auch der privilegierten Situation als Hilfsorganisation: Das Team hat die Möglichkeit den Gazastreifen wieder zu verlassen.

Knapp 800 Kilogramm Gepäck müssen von Berlin in den Gazastreifen gebracht werden, die letzten Meter zu Fuß über die Grenze. »Wir nehmen alles mit für die zwei Wochen, auch Essen.« Deswegen arbeitet das Team in Berlin seit Wochen daran, alles so gut wie möglich zu packen, damit das Team möglichst viel Material nach Palästina bringen kann. »Bis zur Grenze hat die WHO viel vermittelt, aber organisieren müssen wir das meiste selber«, erklärt Kaiser. Unter der Schirmherrschaft der UN-Organisation sind insgesamt zehn EMTs im Einsatz, das Team von Cadus wird das erste deutsche sein. »Viele scheitern an der Logistik. Man muss da wirklich komplett autark rein.« Auch die Kommunikation gestaltet sich schwierig: Das Mobilfunknetz in Gaza funktioniert extrem schlecht.

Die logistische Herausforderung ist tatsächlich riesig. Einen Krankenwagen in Gaza zu kaufen, ist fast unmöglich. Eine Ambulanz aus Ägypten nach Palästina zu bringen, geht auch nicht. Das heißt, dass in Gaza ein Fahrzeug gekauft werden und dann zu einem Krankenwagen umgebaut werden muss – darin verfügt Cadus über Expertise. Gleichzeitig gibt es erhebliche Beschränkungen, was nach Gaza eingeführt werden darf: Alle Gegenstände, die zum Waffenbau zweckentfremdet werden könnten, sind verboten, darunter fällt sehr viel Werkzeug.

Dieses Problem will Cadus in Berlin lösen. In Friedrichshain gibt es einen »Makerspace«, ein offener Raum, in dem kreative Lösungen gefunden werden. Dafür gibt es hier einiges an Equipment: einen 3D-Drucker, eine CNC-Fräse, allerlei Holzwerkzeug. »Was hier passiert, ist, dass wir immer wieder auf die neuen Infos reagieren«, erklärt Kristin, die die technische Abteilung leitet. »Wenn du keinen Krankenwagen hast, sondern nur ein normales Auto, dann musst du das Equipment, das du brauchst, irgendwie erfinden.« Teile, um medizinische Apparaturen in einem normalen Auto zu befestigen, müssen beispielsweise erst entworfen und gebaut werden. Das soll in Berlin oder in Zusammenarbeit mit anderen Makerspaces in Ägypten geschehen.

Der jetzt gestartete Einsatz ist nicht nur organisatorisch schwierig, sondern auch finanziell. Normalerweise wird die Organisation unter anderem vom Auswärtigen Amt finanziert. Die Haushaltssperre auf Bundesebene schränkt jedoch die Geldmittel ein. Der Einsatz in Gaza wurde deshalb komplett selbstständig vorfinanziert. »Wir kratzen gerade alles zusammen und sind echt auf Spenden angewiesen«, so Kaiser. Bis März reichten die Mittel noch, danach werde es schwierig.

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