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Berlin: Semesterticket nicht für Doktoranden
Studierendenvertreter beklagen Ausschluss von Promotions- und Teilzeitstudierenden
Das Deutschlandsemesterticket geht auf die Zielgerade – zufrieden sind aber längst nicht alle. In einem gemeinsamen Statement kritisieren die Studierendenvertretungen der Berliner Hochschulen die Pläne für das deutschlandweit gültige Studi-Ticket. Sie sehen bei dem neuen Ticket erhebliche Nachteile im Vergleich zum alten Semesterticket.
Bund und Länder hatten sich im November vergangenen Jahres auf ein bundesweites Semesterticketmodell geeinigt. Dafür wird das Deutschlandticket rabattiert. Studierende müssen demnach monatlich nur 29,40 Euro statt 49 Euro zahlen, sind allerdings verpflichtet, das Ticket für das ganze Semester zum Preis von 176,40 Euro abzunehmen.
Bevor das vergünstigte Deutschlandticket bei den Studierenden ankommt, müssen allerdings noch Verträge zwischen den Verkehrsverbünden und den Studierendenschaften abgeschlossen werden. Für Berlin hat der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg einen solchen Vertragsentwurf nun vorgelegt. Die Zeit, die den Studierendenschaften zum Zustimmen bleibt, ist knapp: Die Rückmeldefrist für das Sommersemester beginnt bereits in wenigen Tagen. Weil bis dahin auch die Kosten für das Semesterticket überwiesen sein müssen, bleibt kaum noch Raum für Verhandlungen. Ein Großteil der Studierendenschaften hat den neuen Verträgen nach nd-Informationen bereits zugestimmt.
Dabei sind längst noch nicht alle Fragen geklärt: »Es kann nicht sein, dass die Verträge für das Deutschlandsemesterticket in zentralen Punkten vom alten Berliner Semesterticket abweichen«, heißt es in der Erklärung der Studierendenvertretungen. Die Studierendenvertreter stört, dass der Kreis derjenigen, die von dem Ticket profitieren, schrumpft. So sollen künftig Promotionsstudierende und Studierende in Aufbau- und Weiterbildungsstudiengängen nicht mehr das Ticket erhalten. Allein aus der Gruppe der Promovierenden an der Freien Universität sind davon etwa 4000 Menschen betroffen. »Bei uns rufen Promovierende an und zeigen sich erschüttert«, sagt Jan Zeman, Semesterticketbeauftragter der FU. »Viele in dem Bereich arbeiten prekär und sind auf das Ticket angewiesen.«
Betroffen sind auch Teilzeitstudierende. Diejenigen von ihnen, die weniger als die Hälfte ihrer Zeit für das Studium aufbringen, sollen künftig nicht mehr berechtigt sein, das Semesterticket zu beziehen. Ein Teilzeitstudium wird vor allem von Berufstätigen genutzt. »Die arbeiten dann aber meistens auch Teilzeit und haben auch nicht viel Geld«, sagt Zeman. Auch Eltern und Pflegepersonen nutzen die Möglichkeit häufig, um das Studium mit anderen Verantwortungen vereinbaren zu können. »Die vorgeschlagene Änderung macht das Studium für viele unzugänglicher«, heißt es in der Erklärung der Studierendenschaften. »Wir verurteilen die dadurch verstärkten sozialen Ausschüsse auf das Schärfste.«
Auf der anderen Seite müssen Teilzeitstudierende, die mehr als 50 Prozent ihrer Zeit für das Studium aufbringen, das Semesterticket künftig verpflichtend abnehmen. Bisher konnten sich diejenigen unter ihnen, die auch das 9-Euro-Sozialticket in Anspruch nehmen könnten, von der Abnahmepflicht befreien lassen. Diese Möglichkeit entfällt nun.
»Die Vorwürfe teilen wir nicht«, teilt Joachim Radünz, Sprecher des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg, auf nd-Anfrage mit. »Einige Interessen der Hochschulen können nun in das Deutschlandsemesterticket einfließen, jedoch lassen sich nicht alle Wünsche umsetzen.« Der Ausschluss von Promotions- und Teilzeitstudierenden folge der Logik des VBB-Tarifs: Die nun vom Semesterticket ausgeschlossenen Gruppen seien auch nicht berechtigt, Zeitkarten im Ausbildungstarif zu erwerben.
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