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Tempelhofer Feld: Salamitaktik für Bebauung
Debatte um Baupläne auf dem Tempelhofer Feld im Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen
Wenn es um das Tempelhofer Feld geht, wird die Debatte hitzig. Das zeigte sich erneut am Montag im Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen. Der Senat präsentierte einen Gesetzesentwurf, mit dem eine auslaufende Nutzung des nordwestlichen Randes des Tempelhofer Feldes für Unterkünfte für Geflüchtete verlängert werden soll. Dabei soll nicht im eigentlichen Sinne gebaut werden, es geht lediglich um das Aufstellen neuer Wohncontainer.
Mathias Schulz, Sprecher für Stadtentwicklung der SPD-Fraktion, betonte im Namen der Regierungskoalition, dass man zwei Themen nicht vermischen dürfe: diesen Änderungsvorschlag zum Tempelhofer-Feld-Gesetz (THF-Gesetz) einerseits und die beabsichtigte Randbebauung des Tempelhofer Feldes andererseits.
Für die Errichtung der Containerunterkunft war 2016 eine Ausnahme vom THF-Gesetz beschlossen worden, das seit dem erfolgreichen Volksentscheid 2014 eine Bebauung verbietet. Diese Ausnahme gilt nur bis Ende 2025, der eingebrachte Gesetzesvorschlag will sie verlängern. Aber nicht nur das: Mit der Gesetzesnovelle sollen die freigegebenen Flächen erweitert werden.
Sportvereine, die diese zusätzlich ausgewiesenen Flächen zurzeit nutzen, befürchten nun, verdrängt zu werden. Eine Onlinepetition, die sich gegen diese Pläne richtet, hat bereits mehr als 11 000 Unterschriften. Man begrüße zwar das Ansinnen des Senats, geflüchteten Menschen eine angemessene und würdige Unterkunft zu ermöglichen. Gleichzeitig sei aber nicht nachvollziehbar, warum dies auf Kosten intensiv genutzter Sportflächen geschehen solle.
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Um diesem Protest den Wind aus den Segeln zu nehmen beziehungsweise »die Sorgen ernst zu nehmen«, wie Bausenator Christian Gaebler (SPD) betonte, hat der Senat kurzfristig einen Änderungsantrag am eigenen Gesetzesvorschlag eingebracht: Für Sportflächen, die eventuell bebaut werden, soll auf dem Tempelhofer Feld Ersatz geschaffen werden.
Die Ausweitung wie auch der Änderungsantrag lösten bei der Opposition Skepsis aus. Julian Schwarze, Sprecher für Bauen der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, fragte, welche Türen hier für eine zukünftige Änderung des THF-Gesetzes geöffnet würden. Katalin Gennburg, Sprecherin für Bauen der Linksfraktion wurde direkter: »Die Koalition macht das, was sie angekündigt hat: Die Bebauung vorantreiben.« Man solle für Unterkünfte eher an Grundstücke, die in der Spekulation liegen, gehen.
Auch wenn der Senat sowie die CDU und SPD-Vertreter im Ausschuss immer wieder betonten, das eine habe mit dem anderen nichts zu tun, bleiben Zweifel bestehen, gerade was die Ausgleichsflächen auf dem Tempelhofer Feld betrifft. Susanna Kahlefeld, Sprecherin für Beteiligung der Grünen-Fraktion, beschrieb etwa, dass Versuche, Fußballtore auf dem Feld zu installieren, immer wieder an dem für das Tempelhofer Feld verantwortlichen landeseigenen Unternehmen Grün Berlin gescheitert waren. Wie man nun Sportflächen ohne weitere Gesetzesänderung errichten wolle, sei völlig unklar.
Stutzig machte, dass der Senat die wiederholte Frage von Julian Schwarze, ob der mit dem Änderungsvorschlag möglicherweise notwendige Bau von Sportanlagen mit dem THF-Gesetz in Einklang zu bringen sei, komplett ignorierte. Der Vorwurf von Katalin Gennburg, der Senat handele nach einer durchschaubaren Salamitaktik, wurde nicht entkräftet.
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