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Friedenskonferenz München: Blockfreiheit als Graswurzelbewegung
Die Internationale Münchner Friedenskonferenz, ein Gegenkongress zur Sicherheitskonferenz, will ungleiche globale Machtverteilung überwinden
Clare Daly, irische Europaabgeordnete aus der linken Fraktion des EU-Parlaments, ist bekannt für ihre klaren Worte. Bei der Internationalen Friedenskonferenz in München sprach sie am Freitagabend über das einstige Friedensprojekt EU, das momentan eine totale Wandlung in Richtung immer stärkerer Militarisierung vollziehe. Dabei dienten die zahlreichen EU-Missionen nur vordergründig »unseren Werten«, zielten aber in Wirklichkeit auf die strategischen, und hier vor allem auf die Energie-Interessen der Union, so Daly.
Dass immer mehr Geld der Steuerzahler in Waffen und damit in die Kassen der Rüstungsindustrie fließe, bringe nicht mehr Sicherheit und löse weder die Klima- noch die Migrationskrise. Auch die aktuellen Kriege ließen sich so nicht beseitigen, denn »Krieg kann man niemals durch noch mehr Krieg beenden«. Diese Position unterstrichen auch die weiteren Redner*innen der Friedenskonferenz in München, die sich am Freitagabend auf die sicherheitspolitischen Spannungen und Konflikte in Europa sowie jene, die von Europa ausgehen, konzentrierte. So etwa die belarussische Friedensaktivistin Olga Karach, die von ihrer Arbeit für Militärdienstverweigerer und Deserteure sprach und sagte: »Wir haben begonnen, in militärischen Begriffen zu sprechen und merken es nicht einmal.«
Die Verwendung der Sprache sei interessant, denn »Kriege beginnen immer im Kopf«, sagte Michael von der Schulenburg, der vor seiner Pensionierung als deutscher Diplomat der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und der Vereinten Nationen an vielen Krisenherden der Welt tätig war. Schulenburg wies auf die absolute Gefahr der aktuellen Situation hin, in der die Waffensysteme »alles übertreffen, was wir im Kalten Krieg hatten« – sowohl von der Technik her als auch von einer Schnelligkeit, bei der kaum Zeit zum Nachdenken bleibe.
Der Samstagabend widmete sich dem Machtgefälle zwischen globalem Süden und Norden. Boniface Mabanza Bambu, Trainer für Entwicklungspolitik und Antirassismus aus der Demokratischen Republik Kongo, sagte in seinem Grußwort: Was die Länder des sogenannten globalen Südens vereine, seien gemeinsame Erfahrungen von Ausbeutung. Die Normalität, welche durch die aktuellen Krisen und Kriege in den reichen Ländern in Gefahr zu geraten drohe, habe es für die Mehrheit der Menschen anderswo in der Welt auch vorher nicht gegeben: »Denn die Normalität war schon lange eine Katastrophe.« Um die Verhältnisse zu stabilisieren, brauche es tiefgreifende Strukturreformen in der globalen Agrar- und Handelspolitik.
Gleichzeitig gebe es den einen globalen Süden nicht und auch nicht die eine Sicht des globalen Südens: Länder hätten zum Teil divergierende Interessen, und Profiteure der herrschenden globalen Machtverhältnisse seien überall weltweit zu finden. Sogenannte Eliten schmiedeten unheilvolle Allianzen und empfänden die Situation immer anders als jene vielen, die unter den Verhältnissen zu leiden haben.
Nach Ansicht des Wirtschaftswissenschaftlers und ehemaligen griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis braucht es daher eine neue Form der blockfreien Bewegung – ohne die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen: In Zeiten des Kalten Krieges habe es die Annahme gegeben, wenn sich die entwickelnden Länder des Südens zusammenschließen, könnten sie ein Bollwerk gegen die großen konkurrierenden Machtblöcke bilden. Dabei gebe es auch im sogenannten globalen Süden »wirklich schlechte Personen«. Zur Allianz der Brics-Staaten etwa gehöre nun auch ein mörderisches Regime wie Saudi-Arabien. Die neue Art von Blockfreiheit müsse also nicht von Regierungen ausgehen, sondern von unten kommen, als Graswurzelbewegung.
Eine solche neue Blockfreiheit müsse weltweit alle Menschen einschließen, die unter den jetzigen Machtstrukturen zu leiden hätten: sei es aus Nigeria oder Südafrika, aus China, Deutschland oder den USA. Denn die Hoffnung auf Besserung könne sich weder auf die Nato noch auf die Regierenden stützen: Diese hätten kein Interesse an einer Beendigung der laufenden, endlosen Kriege, weil sie diese Kriege bräuchten, um ihre jeweilige Machtposition zu erhalten.
Das Gleiche gelte für den heraufziehenden neuen Kalten Krieg zwischen den großen Machtblöcken, der auch nicht durch die Regierenden selbst zu lösen sei: Nach 1945 hätten die USA mit Hilfe des sogenannten Bretton-Woods-Systems, also der internationalen, vom US-Dollar als Ankerwährung bestimmten Währungsordnung, ihre weltweite Vormachtstellung errungen.
Heute entzünde sich der neue Kalte Krieg an einer neuen Art von Kapital, die Varoufakis das »Cloud-Kapital« nennt: Nicht mehr Produkte und die Fähigkeit zur Produktion weiterer Produkte seien das neue Kapital, sondern Algorithmen und gehandelte Daten. Die großen Datenzentren der Tech-Konzerne beeinflussten weltweit Menschen; sie erzeugten Wünsche, die sie dann prompt erfüllten und weltweit auf jedem kapitalistischen Markt verkauften. So gehe es bei der Taiwan-Frage um Mikrochips und bei dem erklärten Wirtschaftskrieg der USA gegen China darum, die Entwicklung Chinas zu einer technologisch fortgeschrittenen Gesellschaft zu verhindern.
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