Macron: Alles für den Sieg in der Ukraine

Der französische Präsident Emmanuel Macron fordert mehr Engagement Europas im Ukraine-Krieg

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 4 Min.

Bei einem Treffen über die Unterstützung der Ukraine, an dem mehr als 20 Staats- und Regierungschefs am Montagabend im Pariser Elysée teilnahmen, hat Gastgeber Emmanuel Macron mit einer Bemerkung für Aufsehen gesorgt. Es gebe heute »keinen Konsens« darüber, europäische Bodentruppen zum Kampf in der Ukraine zu entsenden, aber in der Dynamik dürfe »nichts ausgeschlossen« werden. Entscheidend sei der Sieg der Ukraine.

Auf einer Pressekonferenz im Anschluss an das Treffen sagte Macron: »Die Niederlage Russlands ist unerlässlich für die Sicherheit und Stabilität Europas.« Daher müssten die europäischen Länder »gemeinsam, schneller und mehr« tun, um Kiew gegenüber Moskau zu stärken. »In der Dynamik darf nichts ausgeschlossen werden«, betonte Macron. Die europäischen Länder seien weder resigniert, noch defätistisch. »Wir werden alles tun, was nötig ist, damit Russland in diesem Krieg nicht siegt.« Das Treffen habe das Ziel verfolgt, »zu prüfen, was wir zur effizienten Unterstützung der Ukraine tun können, und alle Kräfte dafür zu remobilisieren. »Es geht darum, den Eindruck zu zerstreuen, dass die Dinge in der Ukraine aus dem Ruder zu laufen beginnen und dass wir erschöpft sind.« Die Europäer seien im Gegenteil entschlossen, die russische Aggression zum Scheitern zu bringen. »Wir sagen Putin klar und deutlich, dass er in der Ukraine nicht siegen wird.«

Die Unterstützung durch Europa sei umso entscheidender, als die Hilfe der USA durch den Senat blockiert wird und eine Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus eine »Schreckensvision« sei.

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Macron rief Europa zu einem »kollektiven Aufschwung« gegenüber Russland auf, das mit Cyberattacken gegenüber europäischen Institutionen und Unternehmen »immer aggressiver« werde und ganz offensichtlich die Europäer »verunsichern und einschüchtern« wolle. Er betonte, dass es jedem Land freistehe zu entscheiden, ob es eigene Soldaten in die Ukraine entsenden will oder nicht. Er persönlich befürworte eine gewisse »strategische Mehrdeutigkeit«.

In dieser Konfrontation müsse Europa all seine Kräfte sammeln und mobilisieren, mahnte der Präsident. Er erinnerte daran, dass sein ukrainischer Amtskollege Wolodymyr Selenskyj bei seinem Besuch in Paris vor einer Woche kritisiert hat, dass sich die Länder der EU 2023 verpflichtet hatten, der Ukraine pro Jahr eine Million Artilleriegeschosse zu liefern, während diese Zusage im vergangenen Jahr tatsächlich nur zu 30 Prozent erfüllt wurde.

Die Teilnehmer des Treffens im Elysee wollten sich unmittelbar danach den anwesenden Journalisten gegenüber nicht zu Macrons drohenden Worten äußern. Der niederländische Premierminister Mark Rutte bestritt sogar, dass das Thema der Entsendung europäischer Bodentruppen überhaupt erörtert worden sei.

Bestätigt wurde dagegen, dass der vom tschechischen Regierungschef Petr Fiala gemachte und von Emmanuel Macron unterstützte Vorschlag, in nichteuropäischen Ländern Artilleriemunition zu kaufen, um sie der Ukraine zur Stärkung ihrer Verteidigung zu liefern, lebhafte Zustimmung gefunden hat.

Im Regierungslager herrschte am Dienstag noch betretenes Schweigen. Die Worte des Präsidenten hatten offensichtlich überrascht. Zunächst haben am Tag nach dem Pariser Treffen die politischen Flügelparteien, die linke Bewegung La France insoumise (LFI) und das rechtsextreme Rassemblement national (RN), Stellung bezogen. Jean-Luc Mélenchon nannte die Worte des Präsidenten »unverantwortlich«. Die Entsendung von Truppen in die Ukraine würde Frankreich zum Kriegsteilnehmer machen. »Ein Krieg gegen Russland wäre Wahnsinn«, meint Mélenchon und ergänzt: »Es ist höchste Zeit für eine Verhandlungslösung dieses Konflikts. Dabei müssten die Sicherheitsinteressen beider Seiten festgeschrieben werden.«

Marine Le Pen schätzt ein: »Emmanuel Macron spielt sich als Kriegsherr auf, aber dabei geht es um das Leben unserer Kinder.« Der RN-Parteivorsitzende Jordan Bardella wirft dem Präsidenten vor, dass er »seine Kaltblütigkeit verliert«. Dabei gelte es, dass Frankreich »ausgleichend und konfliktbereinigend« handelt. »Wenn der Staatschef einer Atommacht einer anderen Atommacht gegenüber mit der Drohung agiert, Truppen auf den Kriegsschauplatz zu entsenden, ist das ebenso ernst wie gefährlich.«

Wie der Militärexperte und ehemalige Generalstabsoffizier Guillaume Ancel einschätzt, vollzieht Emmanuel Macron einen Strategiewechsel und will dabei die anderen europäischen Länder mitziehen. »Putin soll klargemacht werden, dass wir uns nicht davor fürchten, Krieg zu führen«, meint er, »aber dabei geht es darum, dass kein Land allein, sondern zumindest der Großteil Europas einem solchen drohenden Imperium gegenüber antreten müsste.«

In diesem Zusammenhang hat das Büro des Präsidenten am Dienstag angekündigt, dass das bilaterale Beistandsabkommen, das am 16. Februar in Paris von Emmanuel Macron und Wolodymyr Selenskyj unterzeichnet wurde, sowie darüber hinaus die Lage in und um die Ukraine in Kürze im Parlament Gegenstand einer Regierungserklärung mit Debatte und Abstimmung sein wird. Eine solche Möglichkeit räumt der Artikel 50-1 der Verfassung der Regierung ein, doch sie macht selten davon Gebrauch.

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