Katar macht Druck auf die Hamas

Der Krieg zwischen Israel und der Terrororganisation geht auch zu Beginn des Ramadan weiter

  • Oliver Eberhardt
  • Lesedauer: 4 Min.
Palästinensische Kinder in Rafah warten auf die Verteilung von Essen.
Palästinensische Kinder in Rafah warten auf die Verteilung von Essen.

Politiker sind medienerfahren. Sie wissen, dass man erst dann frei spricht, wenn das Mikro weit weg ist; kann ja immer sein, dass es noch an ist. Bei US-Präsident Joe Biden nehmen die Ausrutscher seit einiger Zeit jedoch zu. Mal äußert er sich abwertend über den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, während das Mikro noch läuft. Und nun ließ er wissen, er werde Netanjahu »die Leviten lesen«, während noch jemand zuhörte.

Zufall? Sicher ist: Der Druck ist enorm. Auf die israelische Regierung, die nun seit fünf Monaten im Gazastreifen Krieg gegen die Hamas führt, nachdem deren Terroristen am 7. Oktober 2023 mehr als 1200 Menschen in Israel ermordet und mehr als 200 entführt hatten. Aber auch auf westliche Regierungen, in deren Ländern die Proteste zunehmen.

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Denn auf die extreme Brutalität des Massakers folgten die Vertreibung von gut einer Million Menschen aus dem Norden des Gazastreifens in den Süden, ein Militäreinsatz, dem mehrere zehntausend Menschen zum Opfer fielen. Und nun auch eine humanitäre Katastrophe. Die Vereinten Nationen und Hilfsorganisationen berichten übereinstimmend von Hunger, Mangelernährung, Krankheiten. Umweltschutzgruppen sind sich zudem sicher: Die Kriegswaffen, der Müll, der nirgendwo entsorgt werden kann, verseuchen Wasser und Böden – und damit die Menschen.

Die US-Regierung stellt sich offiziell noch hinter Israels Regierung. Den Druck versucht sie zu mindern, indem sie den Bau eines provisorischen Seehafens in Gaza in Aussicht gestellt hat. Darüber könnte die Lieferung von Hilfsgütern effizienter abgewickelt werden als auf dem Landweg. Denn es mangelt vor allem an Lastwagen. In Ägypten kommt es deshalb auf dem Land zu Versorgungsengpässen, weil die für den Transport erforderlichen LKW nun zwischen Al-Arisch und der Grenze zum Gazastreifen pendeln.

Allerdings funktioniert das Konzept Seehafen erst einmal nur in der Theorie: Es wird bis zu acht Wochen dauern, bis der Hafen fertig ist. Zudem befürchtet Israels Militär, dass die Hamas die direkten Lieferungen dazu nutzen könnte, für den Krieg benötigte Güter zu schmuggeln. Die Schiffe und ihre Ladung würden also zunächst in einem anderen Hafen durchsucht und dann nach Gaza verschifft.

Natürlich hat dieser Konflikt mehrere Seiten: Netanjahu betont stets, der Krieg werde fortgesetzt, bis die Hamas zerstört und die Geiseln befreit seien. Israels Kriegskabinett, ein dreiköpfiges Gremium aus Netanjahu, Verteidigungsminister Joaw Galant und Oppositionsführer Benny Gantz, ist jedoch zutiefst zerstritten. Vor allem Gantz, ein ehemaliger Generalstabschef, will neue Wege gehen, war zuletzt ohne Netanjahus Zustimmung in Washington. Man müsse nicht nur auf Gaza schauen, sondern auch darauf, dass man sich nicht wieder mit der arabischen Welt verfeinde, heißt es aus seinem Umfeld: Denn im Hintergrund gebe es immer noch die Bedrohung durch die iranischen Revolutionsgarden, die auch die Hamas unterstützen, und damit durch die Hisbollah im Libanon und die Huthis im Jemen.

Auf der anderen Seite scheint die Hamas ebenfalls fest entschlossen, den Krieg, komme, was wolle, fortzusetzen. Doch auch dort gibt es Streit. Hochrangige Diplomaten aus Katar berichten, dass Yahya Sinwar, Chef der Hamas in Gaza, dem in Katar ansässigen Politbüro in der vergangenen Woche mitgeteilt habe, jeder tote Palästinenser nütze doch, weil sich dadurch der Druck erhöhe. Die politische Führung wolle hingegen einen baldigen Waffenstillstand erreichen und dabei Zugeständnisse machen. Dabei hoffe man wohl auf eine Beteiligung an der künftigen palästinensischen Regierung, die Ende Februar zurückgetreten ist. Am Samstag teilte dann das katarische Außenministerium dem Hamas-Politbüro-Chef Khaled Maschal mit, man werde die Hamas ausweisen, wenn es in den Verhandlungen über einen Waffenstillstand nicht weitergehe.

Nun hat auch noch der Fastenmonat Ramadan begonnen. Sicherheitsdienste in der gesamten Region befürchten eine Eskalation, in Israel und vor allem Jerusalem, aber auch in der arabischen Welt. Die letzte Runde der Waffenstillstandsgespräche in Kairo brachte wieder kein Ergebnis. Die Hamas habe gar kein Interesse an einer Waffenruhe, teilte Israels Auslandsgeheimdienst Mossad in einer seltenen Pressemitteilung mit: Sie baue darauf, dass mehr Gewalt ihre Verhandlungsposition verbessere.

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