Reform des WissZeitVG sorgt für scharfe Kritik

Eigentlich wollte die Koalition die Arbeitsbedingungen in der Forschung verbessern – mit dem geplanten »4+2-Modell« verfehlt sie das Ziel

Nach monatelangem Ringen konnte sich die Bundesregierung auf eine Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) einigen, wie »Table.Media« am Sonntag berichtete. Eigentlich hatten sich die Ampel-Parteien im Koalitionsvertrag vorgenommen, die Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft zu verbessern. Wissenschaftsvertreter kritisieren nun, das »4+2-Modell«, auf das sich SPD, Grüne und FDP verständigen konnten, fördere prekäre Arbeitsverhältnisse an Unis und Hochschulen, statt ihnen entgegenzuwirken.

Die Problemlage an den Unis spitzt sich seit Jahren zu: Inzwischen sind 84 Prozent aller wissenschaftlichen Mitarbeitenden befristet beschäftigt, so eine Erhebung des Forschungsministeriums (BMBF). Die durchschnittliche Laufzeit der Zeitverträge liegt bei 18 Monaten. »Diese Zustände sind untragbar – sie belasten nicht nur die betroffenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, sondern unterminieren auch die Kontinuität, Qualität und Innovationskraft von Lehre und Forschung«, bemängelt Andreas Keller, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) am Montag.

Mit der Gesetzesreform will die Bundesregierung gute Rahmenbedingungen für »exzellente Wissenschaft« herstellen, erklärte Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) am Sonntag. Laut der neuen Ampel-Vereinbarung soll die Frist für diese sogenannte Qualifizierungsphase von sechs auf vier Jahre gesenkt werden. Eine weitere Frist von zwei Jahren ist dann nur noch mit einer festen Zusage für eine Anschlussanstellung möglich. Haben die Anwärter bis dahin keine Zusage zu einer Professur, erhalten sie eine Beschäftigungssperre. Das nun vorgeschlagene Modell wird auch »4+2« genannt.

Dass mit dem WissZeitVG tatsächlich »gute Rahmenbedingungen« für die Forschung geschaffen werden, bezweifeln allerdings viele. Schon im März 2023 hatte das BMBF erste Eckpunkte für eine Gesetzesreform vorgelegt. Weil das Papier so heftig in Kritik geriet, wurde es nach nur zwei Tagen wieder zurückgezogen. Die damalige Version hatte eine Herabsetzung der Höchstbefristungsgrenze für Postdocs von sechs auf drei Jahre vorgesehen. Somit wären Postdocs noch früher aus der Forschung ausgeschlossen worden, sofern sie keine Proffessur erhalten haben. Unter der Kampagne #IchBinHanna mobilisierten Forschende, Lehrende und Gewerkschaften gegen die geplante Reform.

Auch der neue Entwurf sorgt für scharfe Kritik. »›4+2‹ ist ein Armutszeigns«, beklagte Geraldine Rauch, Präsidentin der Technischen Universität in Berlin, am Montag auf X. Mit der Reform erhielten prekäre Beschäftigungsverhältnisse einen Reformstempel, kritisierte sie weiter. Die Forscherin Dr. Jennifer Henke bemängelte zudem ein Demokratiedefizit im Gesetzesprozess: »Es gab so viel Protest: Aktionstage, Briefe an Abgeordnete, Publikationen und Podiumsdiskussionen«, trotzdem einige man sich auf die denkbar schlechteste Lösung.

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Keller befürwortet zwar, dass endlich die Beratungen im Parlament starten könnten. Der Entwurf entspreche aber exakt dem Papier des BMBF von Juni 2023, den nicht nur die GEW, sondern auch SPD und Grüne kritisiert hatten. »Schluss mit Hire and Fire in der Wissenschaft – das Parlament muss den Entwurf so überarbeiten, dass das WissZeitVG für Dauerstellen für Daueraufgaben, verbindliche Mindestvertragslaufzeiten für Zeitverträge und berechenbare Karrierewege in der Forschung sorgt.«

Ende März soll das Kabinett laut Ampelkreisen über den Entwurf abstimmen. Danach geht das Gesetz in die parlamentarische Verhandlungen, kann also im zuständigen Ausschuss angepasst werden, bevor der Bundestag das WissZeitVG final beschließt.

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