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Weiterhin fast 600 untergetauchte Rechtsextreme
BKA sucht im Phänomenbereich »links« nach 94 Personen
Die Zahl der in Deutschland per Haftbefehl gesuchten Neonazis hat sich im vergangenen Halbjahr kaum verringert. Im Herbst waren im Phänomenbereich »Politisch motivierte Kriminalität« (PMK) 597 Personen aus dem rechten Spektrum in Polizeidatenbanken zur Festnahme ausgeschrieben, im Frühjahr waren es noch 619. Das erklärte ein Sprecher des Bundeskriminalamts (BKA) auf Anfrage des »nd«. Rund 20 Prozent diser Haftbefehle beziehen sich demnach auf politisch rechts motivierte Taten. Terrorismusdelikte seien nicht darunter, so die Behörde.
Die Zahlen zu den mutmaßlich aus politischer Motivation Untergetauchten erhebt das BKA halbjährlich, anschließend werden diese im Phänomenbereich »rechts« von der Linksfraktion im Bundestag abgefragt. Die jüngste Kleine Anfrage im Herbst lief jedoch ins Leere, da sich die Landeskriminalämter, die Bundespolizei und das Zollkriminalamt nach Angaben des BKA noch über ihre Zählweise abstimmen mussten. Kurz darauf verlor die Linke den Fraktionsstatus und durfte als Gruppe nur noch zehn Anfragen pro Monat stellen. Weil sie deshalb das Verfassungsgericht anrief, empfahl der Ältestenrat des Bundestags vergangene Woche die vorläufige Aufhebung dieser Beschränkung.
Insgesamt zählt das BKA im polizeilichen Informationssystem (Inpol) zum Stichtag Ende September offene Haftbefehle im PMK-Bereich zu 1814 Personen. Die Gesuchten hielten sich demnach »zum weit überwiegenden Teil an unbekannten Orten oder im Ausland auf«.
Nach 449 Personen wird in der Kategorie »PMK sonstige Zuordnung« gefahndet, darunter finden sich etwa Verdächtige aus dem Spektrum der »Reichsbürger/Selbstverwalter« oder Coronaleugner. Auch hier sei ein Fünftel der im Haftbefehl vorgeworfenen Taten politisch motiviert gewesen, so die Behörde. Ein Untergetauchter soll dabei wegen eines Terrorismusdelikts gesucht werden.
Im Bereich »PMK links« fahnden die Polizeien derzeit nach 94 Personen, hier sollen laut dem BKA fast 30 Prozent der Taten politisch motiviert sein und acht Haftbefehle einen Terrorismusvorwurf enthalten.
Die mit Abstand meisten Terrorismusverdächtigen zählt das BKA mit 215 bei Personen, die Straftaten im Bereich »religiöse Ideologie« (215) und »ausländische Ideologie« (30) begangen haben sollen.
Neben offenen Haftbefehlen waren in der Inpol-Datei am Stichtag 31. Dezember außerdem 12 084 Fahndungen zur »verdeckten Kontrolle« notiert, so der BKA-Sprecher zu »nd«. Die Verdächtigen sollen von diesen heimlichen Maßnahmen nichts bemerken, die ausschreibende Polizei erhält jedoch eine Mitteilung darüber, wo und mit wem die Person kontrolliert wurde. Die tatsächliche Zahl der Betroffenen, die zur verdeckten Kontrolle ausgeschrieben sind, liegt jedoch niedriger, da zu einer Person mehrere Fahndungen bestehen können.
Weitere 23 387 Fahndungsnotierungen im Inpol-System betreffen die »gezielte Kontrolle« von Personen. Dabei werden die Betroffenen und ihr Gepäck durchsucht, die interessierte Polizeidienststelle wird über Ergebnisse benachrichtigt.
Insgesamt 4341 Personen hat das BKA außerdem zur europaweiten verdeckten Kontrolle in das von der EU eingerichtete Schengener Informationssystem (SIS II) eingetragen. Insgesamt sind dort rund 160 000 Personen zur verdeckten Kontrolle durch europäische Polizei und Geheimdienste ausgeschrieben, mit jährlich steigender Tendenz. Diese Liste wird mit großem Abstand von Behörden aus Frankreich angeführt.
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