Trainer Christian Streich: »Es ist Zeit zu gehen«

Der 58-Jährige hört im Sommer nach 29 Jahren beim SC Freiburg auf

Intensives Leben als Trainer: Christian Streich
Intensives Leben als Trainer: Christian Streich

Das wohl einschneidendste Ereignis der jüngeren Vereinsgeschichte des SC Freiburg wurde per Videobotschaft verkündet. In der erklärte Christian Streich, dass er zum Saisonende als Trainer aufhören werde. Er tue das »schweren, sehr schweren Herzens«, glaube jedoch, dass es »nach 29 Jahren jetzt der richtige Zeitpunkt« sei, »um neue Energie, neue Leute, neue Möglichkeiten hereinzulassen bei uns«. Auch »unsere Spieler bei den Profis und die Menschen drumherum« bräuchten »diese neue Energie«.

Dass er sie selbst ausstrahlen könnte, glaubt der 58-Jährige, der beim 2:3 gegen Titelkanididat Bayer Leverkusen am Sonntagabend sein 711. Pflichtspiel als Cheftrainer bestritt, offenbar nicht mehr. Ihm sei »wichtig, dass ich den Zeitpunkt nicht verpassen wollte, wo ich glaube, dass es Zeit ist, zu gehen«. Tatsächlich hat Streich im privaten Rahmen zuweilen durchblicken lassen, dass ihm Politiker und andere Prominente, die den Zeitpunkt verpassen, selbstbestimmt abzutreten, leidtun. Er selbst wollte es anders machen. Das hat er jetzt getan.

Streich arbeitete seit 1995 in diversen Funktionen im Freiburger Nachwuchsbereich, Cheftrainer wurde er im Januar 2012. Seither hat er den SC Freiburg von einer Fahrstuhlmannschaft zu einem Team gemacht, das sich in der oberen Tabellenhälfte der Bundesliga etabliert hat und zum zweiten Mal in Folge in der Europa League spielte. In dieser Saison schied man erst vergangene Woche im Achtelfinale mit einem 0:5 gegen West Ham United aus.

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Doch wenn sowohl die Fans als auch die meisten Spieler bis zuletzt hofften, dass Streich wie üblich auch dieses Mal wieder um ein Jahr verlängern würde, liegt das nicht nur an seinen unbestreitbaren Erfolgen. Seine Art, die durchaus polarisieren kann, kommt rund um Freiburg gut an, wo der Rennrad fahrende Trainer ein gewohnter Anblick ist. Wenn er nun in seiner Videobotschaft sagt, er sei »außergewöhnlich dankbar für die große Unterstützung und für die Zuneigung, die ich immer erfahren habe«, ist das ebenso wenig geheuchelt wie die Aussage: »Dieser Verein ist mein Leben.« Menschen wie sein einstiger WG-Kollege und heutige Sportdirektor Klemens Hartenbach sind seit Jahrzehnten enge Freunde.

Auch deshalb, weil der private und berufliche Bereich sich in seiner Vita schwer trennen lassen, hat Streich in den vergangenen Jahren immer wieder seinen Vertrag verlängert. Diesmal hat er sich anders entschieden, auch aus Rücksicht auf seine Gesundheit. Streich war als überdurchschnittlich sensiblem Menschen stets klar, dass die Art und Weise, wie er den Trainerjob nicht nur am Spieltag lebt, Jahr für Jahr mehr Substanz kostet. Auch weil er ihn nie als rein sportliche Aufgabe begriff und sich auch immer wieder zu politischen Fragen klar positionierte. Nie ließ er einen Zweifel an seiner Haltung in der Flüchtlingspolitik und seiner Gegnerschaft zur AfD.

Sportvorstand Jochen Saier, auch er ein Streich-Vertrauter, wusste seit Jahren, dass der 58-Jährige mit dem Gedanken liebäugelt, aufzuhören. Weshalb man in den vergangenen drei Jahren bei jeder Verlängerung die Formulierung wählte, man fahre in der Zusammenarbeit »auf Sicht«. Saier ließ sich am Montag mit der Aussage zitieren, am Ende stehe nun »eine Entscheidung, die wir bedauern, aber in vollem Maße respektieren und nachvollziehen können«. Schon vor längerer Zeit hatte Streich auch offiziell ausgeschlossen, dass er nach dem Ende seiner Freiburger Zeit noch mal ein anderes Team in Deutschland trainieren wird.

Intern galt ein anderes Engagement in der Bundesliga sowieso immer als unwahrscheinlich. Denn auch wenn Streich sich über die eine oder andere Offerte aus der Branche gefreut hat, war ihm doch immer klar, dass er zum einen zu heimatverbunden ist, um beispielsweise in einer Großstadt im Norden – also nördlich von Freiburg – klarzukommen. Und dass er zum anderen mit einem höheren externen Druck als er in Freiburg herrscht, Probleme hätte. Vor allem deshalb, weil er sich selbst schon immer genug unter Druck setzt, zuweilen von Montag bis Sonntag. Über die Nachfolgelösung, die intern offenbar bereits feststeht, will der Verein »zeitnah« informieren.

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